Das Frühstück fällt heute knapper aus: Vier Tassen Buttertee. Eigentlich schmeckt der mir ganz gut, aber so viel auf nüchternen Magen!? Dann besichtigen wir bei Nieselregen und Nebel das so geschichtsträchtige Kloster, in dem noch 1959 5000 Mönche lebten. Heute sind es immerhin wieder 470. In dem imposantesten Gebäude findet gerade ein »Gebet« (?) der Mönche statt. Zwei von ihnen winken mich herbei, rutschen ein bisschen auseinander und bieten mir an, mich in ihre lange Reihe einzugliedern. Sehr interessant. Immer wieder drehen sich Mönche um, schauen, was der in einer knallgelben Regenjacke gekleidete »Weiße« da macht. Aber fast alle werfen mir nur lächelnde Blicke zu. Sie singen immer wieder sich wiederholende Weisen, was eine meditative innere Ruhe auf mich bewirkt. Und dies obwohl jeder gerade mal dann in den Gesang einzustimmen scheint, wenn es ihm gerade passt. Wieder außerhalb fragt uns ein gerade vorbeikommender Mönch, wie es uns geht. Ich sage »gut«, aber wir hätten Hunger. Sofort werden wir in seinen Raum reingewunken. Tenzin kocht uns Reis, serviert dazu ein vorzügliches Omelett. Dazu gibt es wieder Buttertee. Er zeigt uns alle Fotos von den Europäern, die ihn schon besucht haben. Sein Onkel ist der oberste Mönch des Klosters. Tenzin bedauert, dass er gerade heute nach Lhasa gefahren ist und wir so nicht mit ihm sprechen können. Bald danach radeln wir zurück. Ich bekomme Bauchweh, das immer stärker wird. Auch fühle ich mich ein bisschen schwach. Für die 10 km lange Abfahrt brauchen wir fast eineinhalb Stunden. über den »Straßenbelag« braucht man wohl nichts mehr hinzuzufügen. Inzwischen fühle ich mich noch etwas schwächer, so dass ich es vorziehe, mich von einem motorisierten Fahrzeug nach Lhasa zurückbringen zu lassen, zumal wir diese Strecke ja gestern schon mal hergeradelt waren. Wout stoppt einen Landrover. Nun beginnt die Hölle! Die Räder bekommen wir, da wir sie auseinandergebaut haben, gerade noch ins Auto, wir sitzen irgendwie zusammengekauert auf der Rückbank. Und die Straße ist eine Katastrophe. Der Wagen springt tatsächlich von Loch zu Loch, wir werden komplett durchgeschüttelt. Kostenlose Ganzkörpermassage. Dann »legen« wir uns sogar schon fast auf den Boden, dass wir nicht ständig beim »Springen« mit dem Kopf an das Autodach anstoßen. Dabei müssen wir noch die Räder festhalten. Dennoch rammt mal das Kettenblatt in die Waden, der Lenker den Kopf etc. Nach den 20 km Schotterpiste atmen wir erst mal durch. Dann legen wir eine Pause ein. Was ist jetzt los? Wir dürfen eine »Waschanlage tibetischer Art« miterleben: Aus dem (dreckigen) Fluss wird Wasser gepumpt, das dann mit viel Druck auf das Auto geleitet wird. Natürlich ist das Auto nicht wasserdicht, aus allen Löcher (oder wo sonst noch?) kommt das Wasser in das Auto, so dass wir auch noch umsonst geduscht werden. In Lhasa angekommen erfahre ich, dass einer der drei potentiellen Mitradler auf dem Weg nach Lhasa, Daniel aus Australien, stärkere Magenprobleme hat und uns darum bittet, die Abfahrt Richtung Nepal um einen Tag zu verschieben. Kommt mir und inzwischen auch Wout, den nun auch leichte Magenprobleme quälen, ganz recht. Nachdem ich länger mailen war, schaue ich am späten Abend noch mal in »meiner« Kneipe vorbei, um mögliche News von den anderen Radlern zu erhalten. Diese wären aber alle schon im Bett. Dafür fragen mich die drei noch von unserem Hotel anwesenden Leute, ob ich mit ihnen noch in die Karaoke-Bar wolle. Mit dem Hinweis auf meinen Magen sage ich erst dankend ab, aber es gibt halt Dinge, zu denen ich wesentlich schwieriger zu überreden bin, als abends mit netten Leuten auszugehen. In der ersten Karaoke-Bar gibt es »nur chinesische« Lieder, was meinen Begleitern nicht so gut gefällt. So gehen wir zur nächsten. Die ist total leer, so dass wir fast alleine sind. Der erste Besuch eines solchen Schuppens wird nicht als ein Highlight in meine Reise durch Tibet eingehen. Einer unserer Leute benimmt sich noch ziemlich daneben. Er ist der Auffassung, dass er mit einer Prostituierten, für die er die eine hält, alles machen könne. Warum haben manche »westlichen« Leute nur solch primitiven und auch Menschen verletzenden Einstellungen und merken das noch nicht einmal???