05. Juni

Wieder habe ich – wie schon seit einigen Tagen – nicht gerade tief geschlafen. Es ist mir einfach zu warm. Wie soll das erst in den nächsten Wochen werden? Aber – obwohl ich ungefähr das Dreifache wie meine Gastfamilie trinke – ich bin auch schon seit Tagen leicht dehydriert. Ich schwitze mit meinen dicken Jeans und dem Hemd, das man anziehen sollte, wenn man in der öffentlichkeit einen halbwegs guten Eindruck hinterlassen will, mehr als sonst auf dem Rad. Was sollen da aber erst die Frauen sagen? Für die, die es nur aus Zwang machen, muss es grausam sein. Ali ist heute morgen down. Für ihn ist es schlimm, arbeitslos zu sein. So kann er seiner eigentlichen Aufgabe als Vater, die Familie zu ernähren, nicht richtig nachkommen. Er sucht neue Arbeit, aber das ist im Iran nicht einfacher als bei uns. Er möchte nun im Tourismusbereich arbeiten. Belesen genug ist er sicher. Und Begeisterungsfähigkeit sowie Tiefgang hat er sicher auch. Ich verspreche ihm, dass ich ihn als Reiseführer auch in meinen Berichten erwähne. Das ist das Mindeste! Also wenn jemand Interesse hat, eine Iran-Rundreise oder auch »nur« einen Tehran- «Ausflug« machen will, kann sich mit bestem Gewissen melden bei:

Ali Salari Gholhak – Habian 7Tehran – IRAN Tel. / Fax: 0098-21/2005528

Damit würdet Ihr ein gutes Werk tun und sicher auch noch selbst am meisten davon profitieren. Gerne würde Ali auch für deutsche Reisebüros Iranreisen organisieren und durchführen. Hat jemand Interesse?? Der Iran scheint mir in Sachen Tourismus ein (noch) schlafender Riese (der wohl bald geweckt werden wird). Ali sucht Ablenkung und will mit mir in ein Teehaus gehen. Es ist aber nichts los. So beschließe ich, noch mal einen Abstecher in die Berge zu machen. Diesmal mit dem Rad. Die Gegend ist der gestrigen sehr ähnlich, nur erscheinen mir die Berge heute noch gigantischer. Es ist warm, ich schwitze recht stark. Ich wünsche den Anführern des herrschenden Regimes, dass sie auch mal im Hochsommer mit langer Hose hier rauf fahren. Ich habe Hunger und suche ein Restaurant. Aber hier ist alles ein bisschen nobler, so dass ich mit meinen Klamotten nicht hierher passe. Hungrig fahre ich immer weiter, bis eine mir gemäße einfache Landkneipe finde. Viele Tehraner sind hier unterwegs. Sie picknicken, erfrischen sich im kleinen Fluss, wobei die Frauen allerdings auch im Wasser immer ihre gesamten Kleider anbehalten müssen. Die letzten 15 km steigt es stark an, erste Schneefelder tauchen am Straßenrand auf. Ich bin fast alleine hier oben, es ist phantastisch! Auf der Passhöhe genieße ich tolle Ausblicke. Hier gehen die reichen Tehraner im Winter Ski fahren. Die Abfahrt genieße ich in vollen Zügen und »tanze« pfeifend durch die sich noch rhythmisch fahren lassenden Kurven. Unten hat sich ein acht km langer Stau gebildet, den ich auf der überholspur umfahre. Jetzt (!) hätten wohl auch manche im Stau Steckende gerne ein Rad.