In solchen Nächten ist das Morgengrauen eine Erlösung. Die Moskitos verschwinden, die (grausame) Nacht ist endlich rum und es kann nur noch aufwärts gehen. Beim Frühstück (jeder zwei Pizzen, aber wir haben dennoch Hunger, aber kein nepalesisches Geld mehr. ) sind wir alle schon am Ende. Zwei »Wir sind die Besten«-Traveller aus Frankfurt gehen uns noch ziemlich auf den Geist. Aber ich bin froh, dass mein Durchfall erst mal wieder überstanden ist! Los, endlich nach Kathmandu, nur noch 30 km! Bald herrscht aber starkes Verkehrsaufkommen und es geht fast so chaotisch wie in Indien zu. Und ausgerechnet auf einer längeren Abfahrt ist die Straße noch mal so richtig schlecht; schlecht für mein Hinterrad, um das ich nun doch noch mal zittern muss, und noch schlechter wegen meiner Bremsen, deren Belag sich auf den letzten 150 km Downhill verabschiedet hat wie europäischer Schnee in der Frühjahrssonne. Jederzeit bin ich bereit, auch meine Füße zum Bremsen zu nutzen. Die Hände schmerzen bereits, denn ich habe die Bremsen manchmal minutenlang bis zum Anschlag gezogen. Irgendwie meistern wir aber auch diese Abfahrt und gelangen dann in das für seine vielen faszinierenden Tempelanlagen berühmte Bhaktapur. Da wir von Kathmandu aber mal einen Tagesausflug hierher machen wollen, lassen wir es nun links liegen. Martin macht nun Tempo, das Ende seiner Reise kommt nun unaufhaltsam näher. So fahren wir noch mal flott, mir macht es richtig Spaß. Dann Einfahrt in die Stadt und triumphales Foto am Ortsschild. Nachdem wir Geld auf der Bank abgeholt haben, geht es zu der spätestens seit dem Everest so ersehnten Bäckerei: Ich esse erstmal drei Apfelstrudel und noch weiteres Gebäck. Dann besuchen wir den Radladenbesitzer Sonam, der mein Bike vor eineinhalb Monaten so herrlich auf Vordermann gebracht hatte. Er erzählt uns von Daniel, mit dem ich beim »ersten Versuch« in Lhasa gestartet war, dass er vor ein paar Tagen hier wohlbehalten eingetroffen ist. Dann zum Hotel und DIE ERSTE DUSCHE SEIT 23 TAGEN!!! Anschließend steht die nächste große Freude auf dem Programm, denn ich kann all Eure lieben Mails lesen. Wie oft hatte ich in Tibet in schweren Momenten an diese Emails gedacht! Lustig: Es sind genau 83 Mails und vor ein paar Tagen habe ich in einem Gespräch mit Martin, wie viele Mails ich denn bekommen habe, auf »83« getippt! Und nun erfahre ich also auch endlich, WER die Tour gewonnen und WO sie Jan Ullrich verloren hat. Am Abend gehen wir noch mit einer baskischen und einer englischen Lehrerin, die wir in der Bank getroffen hatten, essen. Beide sind hauptsächlich hier, um »spirituelle Erfahrungen« zu machen und nutzen dementsprechend das hier vielfältige Angebot.