08. Juni

Noch ein schnelles Frühstück, Abschiedsfotos und dann ist es soweit: Wieder steht ein Abschied von mir lieb gewordenen Menschen bevor. Ich wundere mich selbst, wie schnell mir in diesen Tagen immer wieder Menschen ans Herz wachsen können. Aber es geht weiter. Ali begleitet mich noch ein Stück. Dann – ohne viel Worte, aber jeder weiß wohl was der Andere gerade empfindet – trennen sich unsere Wege. Ich hoffe, wir sehen uns wieder. Dann geht es mit dem Rad zum Flughafen und es heißt: Adios Iran! Einige hier scheinen froh zu sein, dieses »terrible country« endlich hinter sich zu lassen. Da treffe ich z. B. einen, der diese Kultur einfach nicht verstehen kann, traurig ist, dass er nicht mit allen Frauen überall so sprechen kann, wie er will, dass er hier keine richtige »Party« machen kann. Und so ist er froh, dass er nur eine Woche hier sein musste, geschäftlich. Ja, man muss sich schon ein bisschen auf die Kultur einlassen und die Türkei war da wohl für mich eine optimale »Vorbereitung«. Und ich – der ich zünftigen Feiern sicher nicht ablehnend gegenüberstehe, habe eben solche nicht vermisst. Ich habe nette Leute getroffen, viele schöne Dinge gesehen und erlebt. Allerdings wünsche ich dem Land und v. a. den Leuten, die sich hier eingeengt fühlen (was ich verstehen kann), dass sich die Regierung immer weniger allem Fremden versperren möge und sich öffnet. Einen Glauben zu leben ist vielleicht das Beste, was ein Mensch tun kann, nur sollte dies ein Mensch meiner Meinung nach freiwillig tun können und NICHT weil er es MUSS! TOLERANZ ist wohl das, was wir Menschen noch am meisten zu lernen haben. über den Wolken herrschen andere Gesetze als ich sie gerade noch an Land erlebt habe. Westliche Zivilisation ist hier stark verbreitet. Es wird englisch gesprochen, mit Messer und Gabel gegessen und eines der Hauptgetränke ist hier der Kaffee. Die Gesprächsthemen drehen sich um die nächsten Geschäfte. Man wird auch wieder genau beobachtet, WIE man isst. Bloß nicht den Mund zu voll nehmen etc. Dazu passt auch mein Nachbar. Ein Franzose, der gerade kreuz und quer durch ganz Asien jettet und viele Geschäfte tätigt. Nach dem Essen »muss« er die »freie Zeit« zum Schlafen nutzen. Denn: »Time is money«,das weiß doch schon jedes Kind. Wir fliegen über die schönen Städte Isfahan und Shiraz (Persepolis),die ich mir gerne angeschaut hätte. Ansonsten sieht man von oben nur Wüste bzw. hohe Gebirgsformationen. Dann geht es über den persischen Golf auf die arabische Halbinsel. Wüste, wo auch immer ich hinschaue. Nur da, wo der Mensch bewässert, grünt es urplötzlich. Als ich den Flieger verlasse, falle ich fast um: 43° C! Die Hitze steht und ohne mich zu bewegen läuft mir der Schweiß aus allen Poren. Nun habe ich hier ca. 15 Stunden Aufenthalt. Um den Flughafen verlassen zu können, brauche ich ein Tagesvisum. Dafür muss ich mich in einige Schlangen einreihen und warten, warten. Als ich mein Visum endlich habe, folgt der nächste Schock: Mein Gepäck ist nicht da! Aber bald kann ich beruhigt werden. Es werde direkt nach Dehli weitergeleitet. Damit fällt auch mein geplanter kurzer Wüstentrip mit dem Rad aus. Bei dem Wetter aber vielleicht eh besser. Am Flughafen bekomme ich auch noch die Auskunft, dass es in der Stadt ein Internetcafé geben würde, das jeder Taxifahrer kennen würde. Aber ich frage mindestens ein Dutzend Taxler, alle wollen sie mich zu einem normalen Café fahren. So gibt es letztlich eine lange Irrfahrt durch Dubai, was hier viel teurer als im Nahen Osten ist. Aber ich gewinne einen ersten Eindruck von Dubai: Hier muss das öl sprudeln! Den Leuten geht es (finanziell) gut. Hier werden große und neue Autos gefahren, mit Vorliebe die mit dem Stern. Die Häuser sind hier alles andere als verfallen. Meist hypermodern. überall gibt es Alkohol, die Menschen sind viel freizügiger angezogen (außer den Scheichen, die hier in Massen rumlaufen), als ich es zuletzt aus dem Iran gewohnt bin. überall dudelt unsere westliche Pop- und Rockmusik. Ein paar km weiter im Norden ist sie strengstens verboten. Es gibt auch Fast-Food-Restaurants. Ich gehe in eines rein und haue mir mit »All you can eat« erst mal den Bauch voll. Das Internetcafé hat rund um die Uhr geöffnet. Das nutze ich aus und bleibe bis nach Mitternacht hier. Ein herrliches Gefühl, wenn der PC mal wieder (fast) reibungsfrei funktioniert! überall gibt es hier Klimaanlagen. Angenehme Temperaturen innen drin (max. 25° C), Hitze außerhalb. Man lebt hier in zwei Welten. Aber die Atmosphäre kommt mir hier doch trotz aller Hitze sehr unterkühlt vor. Hier scheint jeder sein Leben zu leben, ohne großes Interesse am Anderen. Jeder scheint nur seinem Erfolg und Geld nachzulaufen. Wie wir es auch zu Genüge aus unseren Breiten kennen. Da ich nicht mehr genügend Geld in der Landeswährung habe, will ich zum Flughafen laufen. Einer rät mir davon ab (seien über 15 km) und überredet mich, ein Taxi zu nehmen. Wenn er mit dem Fahrer reden würde, würde mein Geld schon langen. Der erste Taxler lehnt aber ab. Da kommt zufällig ein Bekannter von ihm vorbei, der mich – nach längerem überlegen – mitnimmt. Obwohl wir ca. 20 Minuten unterwegs sind, sprechen wir maximal zwei Sätze. Mein Geld will er nicht. Als ich ihm beim Abschied schüchtern winke, schaut mich dieser vornehm gekleidete Mann nur verständnislos an.