08. November

Tolles Frühstück (Toasts mit Eierspeise und Marmelade sowie einen herrlich frischen Obstsalat) von meinem Vermieter, das in den 4 DM für mein Zimmer auch noch inbegriffen ist. Ich unterhalte mich länger mit ihm über die Kultur Balis. Stolz zeigt er mir auch, dass er ein paar Worte Deutsch sprechen kann. Ein lustiger und auch tiefgehender netter Zeitgenosse! Da ich noch nicht 100 Prozent fit, die Abgase auf dem Rad mir zu hoch und ich in den mir verbleibenden Tagen so viel als möglich von Bali sehen will, miete ich mir für heute ein Auto. Einen Suzuki-Landrover. Kostet ca. 15 DM und Benzin. Und der Schuft von Autovermieter hat nur ein paar Tropfen im Tank gelassen. So muss ich erst mal Richtung »Hauptstadt« Denpasar fahren (was ich eigentlich absolut nicht wollte), da ich hier die größte Tankstellendichte erwarte. Der Verkehr. Die Straßen sind sooo schmal. Und ich schon seit einem knappen dreiviertel Jahr keinen m mehr Auto gefahren. Und nun auch noch der im Auto völlig ungewohnte LINKSverkehr. Das bedeutet auch, mit der linken Hand zu schalten. Gewöhnungsbedürftig. überhaupt muss ich höllisch aufpassen. Manche schleichen extrem langsam, es gilt, geduldig zu bleiben und hinter der Schlange, die sich in Ortschaften des öfteren staut, hinterher zu zuckeln. Andere rasen ohne Rücksicht auf Verluste. Da überholt jemand im Gegenverkehr, kommt weit auf meine Seite und mir bleibt nichts Anderes übrig als in den Schotter am Straßenrand zu fahren oder eine Vollbremsung hinzulegen. Bei letzterem bleibt nur zu hoffen, dass der Nachfolgende auch bremst. Diese Szenen wiederholen sich ständig. Die »Grossen« bauen eben darauf, dass die »Schwächeren« ihnen schon Platz machen werden. Wieder wird mir klar, dass es lächerlich wäre, auf unseren formalen Straßenregeln zu beharren. Motorräder überholen mich gleichzeitig links und rechts, Busse bremsen mich aus und halten unvermittelt direkt vor mir. Es gilt außerdem, auf die Fußgänger, die oft weit auf der Fahrbahn spazieren, aufzupassen. Genauso auf die parkenden Autos, die eine komplette Straßenseite in Beschlag nehmen. Wenigstens finde ich gerade noch rechtzeitig eine Tankstelle. Das Benzin ist für meine Verhältnisse fast »geschenkt«, gerade mal gut 20 Pfennig pro Liter. Gerade habe ich mich an diesen Chaos-Verkehr auch im Auto einigermaßen gewöhnt, da überholt auf der Gegenspur ein Lkw zwei Autos und kommt weit auf meine Seite. Ich erkenne ihn erst spät, da vor mir ein Kleinbus fährt und mir die Sicht nimmt. Im letzten Moment weiche ich noch so gut als möglich aus, für den rechten Außenspiegel kommt dennoch jede Hilfe zu spät. Es macht laut »kliiir« und er ist vollständig zertrümmert. Selbst vom Plastik ist die Hälfte abgerissen. Ich komme zum »Goa Lawah«, dem Fledermaustempel (so genannt, da hier Tausende von als heilig geltenden Fledermäusen nisten). Es findet gerade eine Tempelzeremonie statt. Sehr bunt und mit vielen Früchten, die die Frauen auf den Köpfen in Körben balancieren. Viel »Weihrauch« in der Luft. Die Gläubigen werden mit Wasser besprengt, das soll sie innerlich reinigen. Dann geht es für sie weiter auf eine Prozession. Ich begegne einem alten Sachsen, der aber noch richtig gut drauf ist, witzig und immer einen guten Spruch auf Lager. Schade, dass er bald mit seiner Reisegruppe weiter muss. Jetzt geht es in die Berge. Weniger Verkehr – Gott sei Dank! Dafür laufen hier viele Kinder, Hühner und Hunde (die sich scheinbar nirgends lieber aufhalten als mitten auf der Straße, dort am liebsten gar dösen; man muss schon laut hupen, bis sie vielleicht mal ihren faulen Hintern bewegen) rum. Ständige Konzentration ist weiterhin gefragt. Sehr kurvenreich und gebirgig. Macht riesigen Spaß zu fahren. Mein Auspuff röhrt, als würde ich Michael Schumacher gerade mit Tempo 300 verfolgen. Dabei fahre ich vielleicht gerade mal 60. Schöne und spektakuläre Reisterrassen. Diese sind Resultat einer lange praktizierten Landschaftsarchitektur. Reis wächst nur auf waagrechten Feldern, auf denen das Wasser knietief stehen kann. So mussten die Bauern in den Bergen ganze Hänge in Terrassenfelder verwandeln. Weiter zum »Pura Besakih«, dem »Muttertempel« Balis. Der riesige Tempelkomplex, der in mehreren Terrassen am Hang aufsteigt, besteht aus 200 Bauwerken. Im Gegensatz zu anderen balinesischen Tempelanlagen, die von ihrem üppigen Skulpturenschmuck geradezu erdrückt werden, präsentiert sich der hiesige Komplex in einer schlichten Architektur. Leider streikt nun meine Kamera, sie nimmt den neu eingelegten Film nicht an und verweigert jegliche Arbeit. Die Batterie sei angeblich noch zu 2/3 voll. Zum Batur-See. Tolle Vulkanlandschaft. Zerklüftete Lavafelder. Der Gipfel des Batur-Vulkans ragt aus den Wolken heraus. Katastrophale Straße. Zudem verfahre ich mich auf dem Rückweg, gerate in eine echte Geländestrecke. Kann aber nicht wenden, da der Weg zu schmal ist. Links geht es steil runter, rechts steil rauf. Irgendwie meistere ich die Straße, auch wenn ich einmal sogar fast im ersten Gang nicht mehr weitergekommen wäre. Ich muss mehrmals anfahren, immer mit Handbremse. Immer wieder geht der Motor aus und ich muss schnell die Handbremse ziehen, damit ich nicht in die Tiefen stürze. Als ich doch noch weiterkomme, bin ich vor lauter Aufregung »batschnass« geschwitzt, aber happy. Zurück, es reicht für heute. Starker Regen. Wieder in Ubud. Mein Autovermieter will Geld für einen neuen Außenspiegel, weiß aber noch gar nicht, wie teuer es wird. Zudem hatte er mir gestern erklärt, dass in dem Preis für die Automiete eine »insurance« (Versicherung; für was auch immer?) inbegriffen wäre. Jaja, für den Außenspiegel gelte das nicht. Natürlich, Herr Autovermieter! Was hätte ich auch anderes von Ihnen erwarten sollen? Ich zahle aber jetzt nicht, will das erst tun, wenn die Rechnung vom Mechaniker da ist. ärger. Ich schaue mir noch mal meine Kamera an. Inzwischen zeigt die Elektronik an, dass die Batterie doch nur noch zu einem Drittel voll sei, also schon eher leer. Hoffentlich liegen die Probleme also nur an der Batterie. Die Kamera ist nach dem Rad das Wichtigste für mich und ich war doch so zufrieden mit ihr. Hoffentlich muss ich nicht wieder auf meine Kleinbildkamera – die ich Gott sei Dank weiter mit mir geführt habe – zurückgreifen. Ich nehme den bereits eingelegten (aber nicht eingezogenen) »frischen« Film wieder raus, rolle ihn händisch ein. Aber zu weit, nun ist er ganz »weg«. Nichts geht mehr, nun auch mit dem Film! Ich ärgere mich, über mich. Bei so vielem stelle ich mich so dumm an. Ich habe noch sooo viel zu lernen.