10. November

Meine Kamera ist wieder o.k.! Tatsächlich scheint ein Sensor »gebrochen« zu sein, wie auch immer das passiert sein mag. Nun ist ein neuer drin, gleich noch frische Batterien und alles funktioniert wieder. Leider regnet es stark. Immer noch. Schon seit gestern Abend. Natürlich bin ich wieder in der Regenzeit, wie schon seit Indien vor fünf Monaten. Immer mit der Regenzeit weitergereist. Manchmal hat das sogar Vorteile, denn die Sonne brennt nicht von morgens bis abends voll auf den Pelz und so sind die Temperaturen – gerade auf dem Rad – wesentlich angenehmer. Aber öfters ist es auch ein Nachteil – wie nun auch wieder. Denn meine geplante Tour durch die Reisfelder nördlich Ubuds kann ich so erst mal nicht angehen. Man sieht nur Grau. Dafür geht es eben wieder Emailen. Anschließend ein Mittagsschlaf, auch nicht schlecht. Morgen beginnt ein inselweit bedeutendes Tempelfest. überall Vorbereitungen. Die Tempel werden gesäubert, Fahnen aufgehängt, die Straßen mit schwankenden und mit kunstvollem Flechtwerk geschmückten Bambusstangen rausgeputzt, Opfergaben in Hauseingängen, auf Gehsteigen und an Bäumen verteilt. Am Nachmittag hört der Regen auf, ich starte doch noch zu meiner »Reistour«. Ich bin stolz, dass ich den schmalen und abseits gelegenen Fußpfad finde. Es geht gleich steil hoch. Idyllische Häuser am Berghang, von Palmen und anderen saftgrünen Pflanzen umrahmt. Nun Reisterassen. Jedes Feld ist in einer anderen Wachstumsphase. Je zwei- bis dreimal jährlich werden die Felder geerntet. Ein paar Bauern stehen knietief im Wasser. Fotos von einer alten Frau mit riesigen, typisch balinesischem Hut und von einem älteren Mann, der geschultert eine Menge abgeernteter Reispflanzen nach Hause trägt. Gemütliche Dörfer. Die Leute sind freundlich und überhaupt nicht aufdringlich. Interessante, mit Reisstroh gedeckte Backsteinbauten hinter hohen Lehmmauern. Diese traditionellen Familiengehöfte sind für die Balinesen ein sichtbares Zeichen für das enge Zusammengehörigkeitsgefühl des Familienverbandes. Wie schon so oft in Asien, sehe ich auch wieder viele Einheimische, die sich und ihr Klamotten im (dreckigen) Bach waschen. Was sollen sie aber auch Anderes machen. Teilweise ist eben sonst kein anderes Wasser vorhanden. Es wird bald dunkel, ich muss zurück. Schnelle Dusche und ein Abendessen und schon geht es weiter zum »wayangkulit«, dem typisch indonesischen Schattentheater. Da ist eine Art Leinwand, hinter der Feuer brennt. So kann man die sich hinter der Leinwand bewegten Figuren als Schatten erkennen. Manchmal klar, manchmal verzerrt, wenn gerade wieder viel Bewegung im Spiel ist. Wichtig ist auch die Musik. Der tragende Gesang, die Holz-, Glocken- und Zupfinstrumente. Alles ist genau aufeinander abgestimmt. Die Themen gehen meist auf Motive aus der hinduistischen Mythologie, auf die großen Epen Indiens, zurück. Heute Abend wird für uns Touristen nur eine gekürzte Version in Szene gesetzt, die aber nach Auskunft von Fachleuten dennoch hohes künstlerisches Niveau besitzen soll. Ich finde es auch hochinteressant. öfters sprechen die Figuren auch, manchmal für uns Touris sogar in Englisch. Dabei werden viele indonesische Gepflogenheiten, die uns Westlern fremd sind (z. B. »Transport? Very cheap, especially for you. ») auf den Arm genommen. Das Licht wird variiert, manchmal abgedunkelt. Die Figuren sind oft in wilder Bewegung, dann mal wieder ganz ruhig. Ich bin froh, mir das angeschaut zu haben. Dann gehe ich noch in ein gemütliches Café, das in einer Galerie beheimatet ist. Bei meinem ersten Bier seit Wochen schreibe ich mal wieder ein paar Postkarten. Ich spüre das eine Bier sogar richtig, was soll das morgen nur am »Partybeach« geben?