Bereits um 3:00 wache ich unverhofft auf: Mein Moskitonetz – in dem ich seit zwei Nächten übernachte – fällt mir auf den Kopf. Irgendwie bin ich so wach, dass ich bereits aufstehe und meine Sachen zusammenpacke. Als ich dann aber losfahren will, sinke ich noch mal auf meinem Bett zusammen. So geht es erst zur Mittagszeit los. Ich schaue mir noch »India Gate« und das hiesige Taj Mahal an. Dann wage ich mich in den Verkehr. Und das, obwohl mir viele davon abgeraten hatten, selbst einige Inder. Schon in der Lektüre wurde ich davor gewarnt. Hier nur ein Zitat: »Fremder, kommst du nach Indien und dich sollte der frivole Gedanke anspringen, dort am Straßenverkehr teilzunehmen, so vergegenwärtige dir: du betrittst, befährst oder beradelst rechtloses Land. Auf indischen Straßen herrscht bestenfalls das Faustrecht, vorsätzlicher Mord ist eine Alltäglichkeit. Eine über alles Recht erhobene Autofahrerkaste hat zusammen mit der übermotorisierung eine Situation geschaffen, die auch in der dramatischsten Beschreibung nicht übertrieben werden kann.« (aus dem seriösen Buch »Fahrrad-Weltführer«). Ich will es probieren und bin zunächst positiv überrascht, dass die Leute hier sogar an roten Ampeln anhalten, was ich in den islamischen Ländern gar nicht mehr gewohnt war. Es sind nur knapp über 30° C und ich genieße es, zum ersten Mal seit dreieinhalb Wochen wieder in kurzen Radelhosen fahren zu können. Die Landschaft ist völlig flach. Es gibt viele Felder, teilweise Bäume und Alleen. Ein Dorf reiht sich an das nächste und überall findet Teestuben bzw. Straßenrestaurants. Mir kommt ein alter Inder mit weißer »Kutte«, langem weißen Bart sowie mit Wanderstock entgegen. Er gibt mir ein Zeichen, dass ich anhalten solle. Dies lohnt sich auch! Er ist vor viereinhalb Jahren von Bombay aus quer durch Indien losgewandert und hat noch viel vor. Ob er – vielleicht achtzigjährig – noch weit kommt? Kurz darauf hält mich ein Autofahrer an, der erst »Ruhe« gibt, als ich einwillige, mit ihm nach Agra zu fahren. So komme ich heute doch noch in DAS Touristenzentrum Nordindiens. Diesmal war es kein Glückslos. Unsere Gesprächsthemen sind zu unterschiedlich. Ihn interessieren nur Alkohol (ich bin aber seit den islamischen Ländern erst mal »entwöhnt«) und die »billige Nummer« mit Frauen (wie teuer sie wo sind). Manchmal wäre es vielleicht wirklich besser, wenn man den Anderen nicht verstehen könnte und schweigen müsste. Aber immerhin bringt er mich in eine preisgünstige Unterkunft, wo ich gleich Philip treffe. Der erste Deutsche auf meiner Tour, mit dem ich mich interessiert unterhalte. Er war ein Profitriathlet, hat im letzten Jahr nach einer guten Platzierung bei der WM aufgehört und ist nun seit über sieben Monaten auf Welttour (Afrika, Sydney und nun Indien). Wir plaudern über unsere Erlebnisse und unsere Sicht der Welt. Spontan vereinbaren wir, gemeinsam an den Start des Ironman 2000 zugehen.