In der Nacht regnet es stark. Der Monsun hat begonnen. Hier regnet es allein im Juni 800ml/qm. Das ist ungefähr das Doppelte des gesamten Niederschlages eines Jahres in der Rheinebene. Nach einer doppelten Portion Omelett gehe ich wieder auf Tour. Vier km weiter beginnt eine Schotterpiste. Na ja, wird nicht so schlimm sein, hatte ich ja gestern auch schon des öfteren. Nun aber endet diese katastrophale Straße nicht. Nein, da gibt es zwar einen ständigen Wechsel zwischen Schotterpiste, »Flickenteppich« (wohl immer mal wieder versucht nachzubessern?) und Naturstraße, wobei ich nicht weiß was noch am besten sein soll. überall noch viel Wasser und Schlamm. Ich komme nur noch im Joggingtempo voran. Mein Rad tut mir leid. Dazu ist es schwül – heiß. Und es geht rauf und runter. Dann plötzlich ein Plattfuß. In einer großen und tiefen Pfütze hat mein Hinterreifen genau einen langen Nagel aufgegabelt. Und das mitten in einem Ort, wo mir die Leute bei jeder Handbewegung zuschauen. Helfen zu flicken tun sie aber von sich aus nicht. Als ich den Schlauch geflickt habe und weiterfahren will, ist schon wieder Luft entwichen. Ein weiteres kleines Loch habe ich übersehen. Nun nehme ich einen neuen Schlauch. Immerhin: Zum ersten Mal habe ich in meinem Leben einen Platten allein behoben. Ich bin wohl der erste Weltumradler, der dies erst auf seiner Tour lernt. Es kann weiter gehoppelt werden. Vorbei an schönen nepalesischen Häusern aus Holz, Ziegeln und Stroh. Hier gibt es nun immer mehr Kinder, die Geld von mir haben wollen (»Tourist, give me Rupies!«). Dabei sehen die gar nicht so arm aus. Mensch Kinder, es ist schon beschissen, dass die Kinder erzogen werden, dass Geld ein großer Wert sei. Buddha hat da Anderes gepredigt. Aber Jesus ja auch. Und wie leben wir? Geld regiert halt die Welt?!? Es wird dunkel und ein Autofahrer hält an. Ich frage ihn, wo die nächste übernachtungsgelegenheit sei. Nur fünf km weiter gäbe es ein Hotel. Super! Er führt mich dorthin. Dann fragt er mich, ob ich in seinem Haus übernachten wolle. Da er mir sympathisch und auch Vertrauen erweckend aussieht, sage ich dankend zu. Es gibt ein gutes Abendessen mit vielen hier fast schon obligatorischen Linsen und Reis. Er ist der Bürgermeister vom Ort. Und überzeugter Kommunist. Darum hätte er mich auch eingeladen, als er hörte, dass ich aus dem Land von Marx und Engels komme. Nur der Wechsel zum Kommunismus könne die Probleme in Nepal (v. a. Armut) und in der Welt lösen. Schade, dass viele gute Theorien zu absoluten Ideologien missbraucht werden. Warum können viele Menschen nicht einsehen, dass viele verschiedene Vorstellungen zusammen gesehen dem Menschen wohl mehr helfen würden als nur ein einzelner Lösungsversuch?