Rodney ist extra früh aufgestanden, um mir noch ein Brot backen zu können. Und wie das schmeckt! »Echtes« Brot mit Geschmack – und nicht dieses »Lumbebabbedeggeleinheitsbrot«. Abschied. Schon wieder. Kann man es lernen, Abschied zu nehmen? Soll man es überhaupt lernen? Denn wenn Abschiede weh tun, war man auch mit Herzen dabei. Und das ist doch auch was Schönes, oder? Jedenfalls haben mir Rodney und seine drei Mitbewohner zwei schöne Tage beschert und mich in ihrem Haus heimisch fühlen lassen. Und was kann einem Reisenden Schöneres passieren? Wieder aufs Bike. Die Temperaturen sind noch unter dem Gefrierpunkt, aber die Sonne scheint und es wird wieder wärmer werden. Es rollt leicht, denn es geht zunächst meist bergab und zudem habe ich Rückenwind. Die »Route 66« verläuft hier auf dem Freeway, der »Interstate 40«. Leider bekommt der Seitenstreifen wieder eine beschissene Qualität, mein Herz blutet bei jedem Schlag, den »Klaus« abbekommt. So fahre ich oft nahe der durchgezogenen weißen Linie, was aber zur Folge hat, dass ich ständig die mich überholenden Fahrzeuge beobachten muss. Die Landschaft ist heute nicht mehr so faszinierend wie in den letzten Tagen. Bald wird alles topfeben, ich bin nun anscheinend mitten auf dem Colorado-Hochplateau (auf ca. 1600 m). Die Gegend wirkt steppenartig, nur Gräser und kleine Bäumchen. Lustig finde ich auf den hiesigen Autobahnen, dass es eigene Ausfahrten zum Essen (»Food-Exit«; viele Fastfood-Ketten direkt nebeneinander)oder auch zum Logieren gibt. Früh bin ich an meinem Tagesziel, Holbrock. Ein für amerikanische Verhältnisse günstiges Motel. Ab in die Bücherei zur Internetnutzung. Da mir (seit langem) mal wieder der PC abstürzt, telefoniert die für die PCs zuständige Frau mit allen möglichen Stellen in meinem morgigen Etappenort, damit ich dort alles noch mal schreiben kann. Obwohl es kein langer Reisebericht war und ich der Frau sagte, dass es nicht so schlimm sei. Anscheinend typisch für viele US-Amerikaner. Tatkräftig hilfsbereit. Meine Vorurteile sind am Einstürzen. Gut so! Zurück im Motel ist plötzlich Ruhe und ich fühle mal wieder Einsamkeit und Melancholie heraufziehen. »Ganz der Alte« bin ich also doch noch nicht wieder. Eine weitere Szene spricht in dieser Hinsicht Bände: Mein letzter Futteralienvorrat aus Neuseeland, ein Marmeladenglas, ist leer. Schon seit Tagen habe ich extra kaum davon gegessen. Nun »muss« ich ein Foto davon machen, um mich von ihm lösen zu können.