Kurz nach 5 Uhr klopft es an der Tür, das Wecken hat also geklappt. Kleines Frühstück, zusammenpacken, Wasserbehälter auffüllen und um viertel nach sechs geht es dann kurz nach Sonnenaufgang wieder auf meinen schon jetzt geliebten und zugleich auch verhassten Stuart-Highway. In der ersten Stunde spenden sogar diese Krüppelbäume noch etwas Schatten, doch dann wird es schon wieder wärmer und wärmer, heiß und heißer. Am Straßenrand fallen mir wieder ständig geplatzte Reifen auf. Die Straßenoberfläche ist weiterhin sehr rau, aber für die klimatischen Verhältnisse doch gut. Und immer noch ist es hügelig. Nie steil, nie lang, aber unentwegt. Auf und Ab. Immer mit dem vielen Gepäck am Rad. Und in der schon wieder stechenden Sonne. Alles andere als leicht. Die Pausen sind auch keine Erholung. Auf den 90 km zwischen meinem letzten und dem kommenden übernachtungsort gibt es NICHTS. Nicht einmal ein Haus (in dieser Hinsicht ist Java der totale Gegensatz, aber geographisch doch so nah), geschweige denn Verpflegungsmöglichkeiten. So verlege ich die Pausen an den Straßenrand. Schattige Plätzchen sind schwer zu finden. Und die Fliegen, Bremsen und Schnaken (für die Tiroler – sofern ich mich richtig erinnere: Fliegen, Gelsen, Mücken) umschwirren mich und versuchen, v. a. in meine Augen und in die Nase einzudringen. So macht auch keine Pause, auf die ich mich zuvor noch so gefreut habe, Spaß. Entweder ist die Hitze heute größer als in den letzten Tagen oder ich vertrage sie heute schlechter. Jedenfalls finde ich es spätestens um 10 Uhr schon fast unerträglich. Haben all die Skeptiker, die meine Unternehmung für unmöglich halten, doch recht? Denke nicht zuviel darüber nach und verliere v. a. Deinen Optimismus nicht, Christoph! Noch lange vor dem Mittag erreiche ich die größte Stadt zwischen Darwin und Alice Springs, Katherine, noch 2710 km nördlich von Adelaide. 8000 Einwohner! Thailändisches Restaurant, ein Chinese und Fastfood. Zu letzterem gleich rein. Ah, schön kühl! Zwei Deutsche aus einer vierköpfigen Reisegruppe aus der Nähe von Stuttgart. Sie sind daheim auch Radler, geben mir dementsprechend einige Tipps, u. a. auch für eine Unterkunft hier. Und die ist echt klasse! 3-Personen-Zimmer mit angeschlossenem Bad und Klimaanlage. Absolut sauber und preiswert. Ein junges japanisches Paar, Satu und Yoga, ist schon da. Beide reisen schon seit Monaten in Australien herum und bald geht es über Südostasien wieder heim nach Japan. Ich gehe in ein Radgeschäft. Mein Hinterreifen ist schon ziemlich abgefahren, ich lasse einen neuen aufziehen. Zudem ein neuer Ersatzschlauch. V. a. aber ein neues Klebeband für meine hintere Felge. Obwohl – und darauf bin ich stolz – meine »Alternativkonstruktion« unverändert ihren Dienst getan hat. Weiter zur Post, knapp 5 kg, alles Dinge, die ich in der Hitze nicht brauche, sende ich nach Adelaide vor. Auch einen riesigen Supermarkt gibt es hier. Ich nutze es aus und kaufe wie ein Weltmeister ein. Am Nachmittag herrscht solch eine extreme Hitze, dass mir klar wird, meine Etappen auf die Nacht und die frühen Morgenstunden verschieben zu müssen. Der Internetshop am Ort schließt schon früh. So beschließe ich, morgen noch hier zu bleiben und meinen nächsten Reisebericht zu schreiben. Ein Ruhetag wird mir auch nicht schlecht tun. So will ich auch am Abend weggehen. Morgen kann ich ja dann ausschlafen. Ich suche lange einen Pub. Endlich finde ich etwas, das diesem Begriff nahe kommt. Zwar hell erleuchtet, nur Billardtische und keine Musik, aber immerhin Bier. Aber 5 Minuten nachdem ich kam, schließt dieser auch schon wieder. Es ist 9 Uhr! Es gäbe noch zwei weitere Lokalitäten. Also wieder auf den Weg machen. Beide sind ähnlich eingerichtet, schließen auch bereits um 10 Uhr. So was habe ich ja in keinem islamischen Land erlebt! Auf der Straße herrscht auch tote Hose, nur ein paar Aborigines sitzen herum. Wie in Darwin in kleinen Gruppen. Einige trinken Bier, andere sprechen mich an, ob ich ihnen Geld Bier oder Zigaretten geben könne. Auch die Pizzeria ist geschlossen. So kaufe ich mir noch ein Bier. In Australien macht man das nicht im Supermarkt, denn da gibt es keines. Für Alkohol gibt es extra »Bottle-shops«. Auch alle Kneipen müssen viel Geld für eine Alkohollizenz zahlen, so dass es viele Kneipen ohne diese Lizenzen gibt. Bei diesen kann man sich dann seine alkoholischen Getränke selbst mitbringen (»Bring your own« = B. Y. O.). Für den Wirt, der die Flaschen öffnet, zahlt man nur ein geringes »Korkgeld«. Der Mann im Bottle-Shop weißt mich noch darauf hin, dass ich auf der Straße kein Alkohol trinken dürfe. Australien, dieses so »unglaublich freie« Land hätte ich mir etwas anders vorgestellt. So viele Regulationen. Womöglich halt noch der ehemalig starke britische Einfluss. Abendmahl und Bier bei netter Unterhaltung mit »meinen« Japanern.