18. Oktober

Länger schlafen, wunderbares Frühstück in einer französischen Bäckerei (Schokocroissants mit gebratenen Bananen). Ich schreibe meinen 30. Reisebericht. Der PC ist sehr langsam. So bin ich insgesamt fast sieben Stunden am PC. Aber dafür zahle ich dann auch wenig – gerade mal knapp 8 DM. Ich spaziere ein bisschen durch die Straßen. Jetzt erst realisiere ich, wo ich da gestern Abend abgestiegen bin. In einer der zentralen und wichtigsten Straßen Bandungs. Außer Restaurants, Bars und Hotels gibt es hier aber nicht viel. Da ich gestern beim Abendessen ein bisschen reingefallen war (hoher Preis, aber nicht satt), gehe ich diesmal in ein landestypisches Restaurant, außerhalb der Nobelgasse. Ich esse das auch in Europa populäre »nasi goreng«, das es hier an jeder Straßenecke gibt. Die beiden Besitzer, Siswanto und Aries, setzen sich zu mich und wollen – wie das hier so üblich ist – alles über mich wissen. Siswanto spricht auch Englisch. Er studierte Philosophie. Ich soll ihm über das Christentum erzählen. Wir unterhalten uns über den Koran (Indonesien ist bis auf das hinduistische Bali ein überwiegend muslimisches Land), die Bibel, Kant und Heidegger. Er erzählt mir aber auch handfeste Dinge, z. B., dass der Durchschnittsverdienst eines Javanesen bei ca. 100 DM im Monat liegt. Mit strahlenden Augen erzählt er mir auch »vom Kanzler Helmut Kohl«, dem er auf dessen Stippvisite auf dem hiesigen Campus während seiner Indonesien-Reise die Hand geschüttelt habe. Sie seien alle von ihm begeistert gewesen. So kann er es kaum glauben, dass die Deutschen vor ein paar Wochen einen anderen Mann zum Kanzler gewählt haben sollen. So wird aus »einem schnellen Abendessen«, das nur zur Unterlage für einen folgenden Pub-Besuch dienen sollte, ein stundenlanges, interessantes Gespräch. Als ich ins Hotel zurück komme, ist eine Dame übertrieben »freundlich« zu mir, ohne dass ich ihr auch nur den geringsten Anlass dazu gegeben hätte. Also doch. Dieser Schuppen war mir von Anfang an verdächtig, als ich gefragt wurde, ob ich mein Zimmer vielleicht nur für drei Stunden, »for a rest« (jeder soll sich das selbst so übersetzen, wie er mag) haben wolle. Barry hatte mir gerade erst vor wenigen Tagen von Japan erzählt, dass es dort solche »rest-rooms« (immer in Pub-, Discogegend; rund um die Uhr geöffnet) für zwei Stunden zu mieten gibt. Jaja Japan, Hauptsache den Schein wahren, bloß nicht scheiden lassen. Was aber wirklich abgeht, davor verschließt man die Augen.