»Internettag«: Kurz nach öffnung des PC-Raums bin ich bereits früh am Morgen an der Uni. Ca. 50 PCs stehen hier kostenlos zur Verfügung. Noch ist fast niemand da. Wieder gibt es Probleme. Ca. ein Dutzend Mal versuche ich einzuloggen, doch entweder kann keine Verbindung hergestellt werden oder es kommt die Auskunft, dass ich das falsche Passwort eingegeben hätte. Ich will zu Hause anrufen, ob jemand mein Passwort verändert hat. Nachdem ich endlich ein Telefon gefunden habe, hebt zu Hause niemand ab. So versuche ich noch einmal bei Hotmail einzuloggen und plötzlich klappt es. Mediale Wunderwelt mit manchmal ebenso wundersamen Aussetzern. Es folgen gut acht Stunden am PC. Es ist mir eine Freude, endlich mal wieder die Mails der letzten Tage beantworten zu können. Danach schreibe ich noch meinen 45. Reisebericht. Dazwischen die immer besonders lustige Angelegenheit, gerade hereingekommene Mails direkt zu beantworten, um sich dann gegenseitig im Ping-Pong-Verfahren die Bälle zuspielen zu können. Weniger lustig sind die News über den verhafteten Kurdenführer und die daraufhin folgenden gewaltsamen Demonstrationen. Ich war im türkischen Kurdengebiet und ich kann dazu nur bemerken, dass es ein GROSSES GLüCK FüR ALLE wäre, wenn diese unseligen Auseinandersetzungen ein Ende finden würden. Aber WIE soll man hier zu einem Ende kommen? Auffällig viele Leute sind auch am Samstag zum Lernen an der Uni. An scheinbar allen Universitäten der Welt ähnliche Typen: Ein bisschen »alternativ« mit »ollen« Klamotten und langen Haaren oder ein wenig »schnöselhaft« mit Markenkleidern. Die Lehrkörper meist vergeistigte Typen, die Wissen und Lehre über alles Andere zu stellen scheinen, oft abgehoben und selten mit Kontakt zur Realität, entweder mit Hemd und Pullover oder mit Anzug und Krawatte gekleidet. Die Blicke lassen oft eine abschweifende Seele vermuten, die nicht gerade da ist, wo sich auch der Leib befindet. Eben gedankenversunken und darum wohl auch oft vergesslich. Es ist an der Zeit »Fast-Food-Alternativen« zu »Burger King« und »McDonalds« auszuprobieren. Gestern versuchte ich »Taco Bell« (Fast-Food- Variante der mexikanischen Tacos), heute geht es zu »Wendys«. Beide sind ein klein wenig teurer als ihre bekannteren großen Brüder, aber beide bieten frischere (zumindest wirkt es so) und auch schmackhaftere Kost, in ebenfalls etwas freundlicherer Atmosphäre. Langer Spaziergang zurück zum Hostel. Spektakulärer Sonnenuntergang, der teilweise von Wolken bedeckte Himmel wird ganz in feuerrote Farben getaucht. Langsam fürchte ich mich auch nicht mehr, im dunkeln durch die Straßen zu gehen, obwohl mir wieder ein paar Einheimische erzählt hatten, wie gefährlich es doch in ihrer Stadt zuginge. Nur Geschwätz? Am Abend in eine öffentliche Wäscherei. Alltag in den USA. Manche Leute bringen ihre Wäsche – wie bei uns auch – hier vorbei, lassen sie waschen und holen sie wieder ab. Andere – wie ich – geben ihre dreckige Wäsche in eine der 50 Waschmaschinen, warten bis sie fertig ist, um sie dann in eine der ebenso vielen Trockner zu geben. Zwischenzeitlich kann man sich die Zeit mit TV, lesen, Kaffee trinken oder Spielautomaten vertreiben. Die Wäscherei ist 24 Stunden am Tag auf. Zurück im Hostel, spricht mich Dominik an. Er will alles über meine Tour wissen. Er kommt aus New York, ist 36 Jahre alt und sehr engagierter Marathonläufer mit einer Bestzeit von 2:29 h. Diese will er am 02.05. beim nächsten Marathon »knacken«. Die ganz harte Trainingsperiode geht nun also los. Wir unterhalten uns über Sinn und Unsinn des Leistungssports, des sich nur auf eine Sache Konzentrierens. Er erkennt nun scheinbar langsam die selben (inneren) Zwangmechanismen, die mich schon vor ein paar Jahren zur Aufgabe des Leistungssports veranlassten. Dieses Gespräch erscheint mir wie ein Rückblick auf längst vergangene Tage. Ich komme mir vor, als würde ich mich mit dem Christoph von vor sieben, acht Jahren unterhalten. Das Gespräch endet damit, dass Dominik meint, er müsse nun (22 Uhr) noch laufen. Seine »fitness« verlange es so.