Am Morgen kommt doch noch der Vater der Familie vorbei. So kann ich ihm Brief und Geld persönlich übergeben, was mir wesentlich sympathischer ist, als es mit der Post zu schicken. Heute wieder Sonne. Schwül-heiß, aber noch erträglich. Ich verlasse das »Parahyangaa-Gebirge«. Aber es wird nicht flach, ganz im Gegenteil. Dem einen Hügel folgt sofort der nächste. Schalten, mal hoch, mal runter. Immer wieder. Gott sei Dank scheint alles am Rad in Ordnung. Entlang der Straße reihen sich die Häuser wie an einer Perlenschnur. Eine lange Schnur, eine sehr lange sogar. So wird es zeitweise zum Kunststück, einen Platz zum Pinkeln zu finden, ohne aufzufallen. Die Szenerie bleibt, wie sie sich mir in weiten Teilen Asiens immer wieder präsentiert hat: Die Leute sitzen vor ihren Häusern auf der Straße, dösen, unterhalten sich, beobachten das Treiben auf der Straße, trinken (meist Tee), essen, rauchen. Andere arbeiten. Die einen – mit Sonnenhut – auf den Reisfeldern oder in den Teeplantagen, die anderen in den unzähligen Restaurants und Läden am Straßenrand. Zudem viele Straßenarbeiter, die versuchen »zu flicken, wo es gerade am meisten brennt«. Auf Java noch sehr viele Kinder, die – wie Peter mir erzählte – organisiert betteln. Sie stehen mit Körben am Straßenrand. Dazu der hier extrem brodelnde Verkehr. Reisfelder, Kokosbäume, Palmen, alles sattgrün. Helle Häuser mit roten Ziegeln. Im Hintergrund bewaldete Hügel, bald wieder hohe Berge (weit über 2000 m hoch). Grüßende, schreiende, fragende Menschen. Kinder, Greise, Männer, Frauen. Manchmal gleichzeitig von allen Seiten. Und ich stampfe gerade mit großer Anstrengung einen Berg hoch, muss mich voll auf mich und den Verkehr konzentrieren. In diesen Momenten kommt es mir vor, als sei das alles zuviel auf einmal. Sekunden später rollt es wieder leicht dahin (weil flach bzw. bergab). So rufe ich zurück, flachse mit ihnen, winke, bin glücklich, könnte Asien umarmen. Ich werde es bald vermissen. Inzwischen habe ich mich auf Java eingelebt. Zwischen Bangkok und Singapore war vieles wieder recht ähnlich zu dem von Europa Gewohnten. Der Standard, die Umgangsformen. Nun bin ich wieder in einem »einfachen«, nicht gerade westlichen Land. Vieles chaotisch, nicht organisiert. Ohne Plan, das JETZT zählt. Nicht das Morgen und auch nicht das Gestern. Die Menschen hier stecken mitten in einer schweren Wirtschaftskrise, die viele an den Rand ihrer Existenz oder sogar darüber hinaus bringt. Und dennoch: Sie wirken nicht traurig oder gar niedergeschlagen. Sie lachen, freuen sich über Kleinigkeiten. Entweder haben sie ihre schwierige Lage noch nicht richtig realisiert oder sie haben uns vieles voraus. Was wäre bei vergleichbarer Situation in Deutschland los???!!! 20 km vor meinem Tagesziel beginnt plötzlich ein starker, mit Gewitter durchsetzter Monsunregen. Die Kinder toben weiter im Freien und mich lassen Blitz- und Donnerschlag zusammenfahren. Netter Plausch mit den örtlichen Rikschafahrern. So nett wie mit den türkischen Truckfahrern. Im Hintergrund läuft gerade eine Show im TV, Mischung aus »Glücksrad« und dem guten alten »Dalli-Dalli-Klick«. Dann muss ich weiter. Noch 20 km im gerade wieder voll einsetzenden Regen. Einfaches, aber sauberes Hotel. Drittes »nasi goreng« des Tages. Am fortgeschrittenen Abend klopft es an meiner Tür. Ein Typ wie ein Bär steht vor mir, will mich – cool Kaugummi kauend – in ein Gespräch verwickeln und mir v. a. seine zwei »Süßen« anbieten, die auch noch hässlich sind. Das darf doch nicht wahr sein! Von wegen islamisches Land und so.