21.-24. Juni (buddhistischer Meditationskurs)

Zwölf Leute haben sich angemeldet. Wir sind bunt gemischt und kommen aus USA, Kanada, Australien, China, Israel, Großbritannien, Niederlande und Deutschland (Beate aus Chemnitz). Uns haben die unterschiedlichsten Beweggründe hergeführt, alle vereint uns aber, dass wir nur wenig vom Buddhismus wissen, aber sehr interessiert sind. Alle sind wir hier auch »nur« auf der durchreise. Wir haben zwei Kursbegleiter: Siliana, die aus Italien stammt. Sie ist sehr kräftig und ihr kurz geschorenes Haar ist gewöhnungsbedürftig. Irgendwann ist sie ihrem Lehrer auf den indischen Subkontinent gefolgt und trifft nun regelmäßig den ins Exil verbannten XIV. Dalai Lama, das religiöse und weltliche Oberhaupt der Tibeter. Sie ist unheimlich angetan von ihm, gerade von seiner sich selbst so zurücknehmenden Art. Daneben versucht uns auch Wayne aus den USA, den Einstieg in die Meditation des tibetischen Buddhismus zu erleichtern. Wir bekommen erzählt, was von uns erwartet wird: Dass wir uns ganz auf den Kurs einlassen, alle Alltagsdinge zurücklassen sollen (z. B. um Visa kümmern etc.), dass wir die wichtigsten buddhistischen Regeln einhalten sollen (nicht töten, was auch z. B. für Moskitos gilt; kein Alkohol und keine Zigaretten; keine »unheilsamen« sexuellen Praktiken; nicht stehlen und nicht lügen). Dann wird uns der Tagesablauf vorgestellt: 6:00 wecken, 6:30-8:00 Meditation, 8:15 Frühstück, 9:30-12:00 systematische Hinführung zur Meditation, 12:30 Mittagessen, 15:00-16:30 Information und Diskussion über Buddhismus, 17:00-18:30 Meditation, 19:00 Abendessen, 20:30-21:30 Meditation, 22:00 Nachtruhe. Vom Schlafengehen an bis einschließlich dem Mittagessen sollen wir alle schweigen, um ruhig werden zu können. An einem Tag soll das Programm noch etwas »strenger« werden, wir wollen dann versuchen, den normalen Tagesablauf Buddhas zu »kopieren«. D.h., bereits um 4:00 aufstehen, dafür eine Meditation mehr und zwei Mahlzeiten weniger (also nur ein Mittagessen). Vieles kommt mir sehr bekannt von meiner Zeit im Priesterseminar vor. Auch bei christlichen Exerzitien versucht man, ab zu schalten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, das »Gute« zu inhalieren und das »Schlechte« raus zu lassen. Der Buddhismus lehrt, dass das Leben leidvoll sei, was von der Gier des Menschen nach Macht herrühre und sich z. B. in Hass und Eifersucht äußere. Nur durch restlose Aufgabe und Ablegen dieser Gier könne man erlöst werden. Und um dies zu erreichen, müsse man den rechten Weg einschlagen, den Weg der Liebe und des Mitgefühls für alle anderen Lebewesen. Es handelt sich also um eine Art Selbsterlösung, wohl DEM Unterschied zu allen monotheistischen Religionen, die lehren, dass eine Erlösung einzig von dem allmächtigen Gott geschenkt werden könne. Es gibt viele verschiedene Formen buddhistischer Meditation. Wir bekommen auch verschiedene gezeigt. Welche, bei denen der »Lehrer« ein paar Worte spricht, denen man dann folgen kann, aber auch eine Form, bei der wir das absolute NICHTSTUN üben. Nur sitzen, über NICHTS nachdenken. Wenn ein Gedanke kommt – was fast zwangsläufig ist – gilt es, diesen zu registrieren und sich auch gleich von ihm zu verabschieden. Als »Fokus« kann der Atem benutzt werden, wobei man nicht den kompletten Atemzug wahrnehmen soll, sondern »nur« das Ausatmen, denn es soll speziell das Loslassen verinnerlicht werden. Dieses NICHTSTUN ist für Mitteleuropäer gar nicht so einfach. Einfach sitzen und nur registrieren und beobachten. Wir Mitteleuropäer sind und sollen immer in Aktion sein, denn »Zeit ist Geld«, so dass Ruhe als Zeit- und damit auch als Geldverschwendung angesehen wird. Im »Westen« versucht man, selbst noch in der Meditation »über etwas zu denken«, um dadurch z. B. gute Lebensweisen auf sich zu übertragen. Im »Osten« dagegen versucht man eben, nichts zu denken, um seinen Geist zu erfahren, um dann zu ordnen und von dem »Schlechten« zu reinigen. Aber und das ist mindestens genauso wichtig: Das Ziel beider, ja eigentlich aller Religionen, ist das Glück aller Lebewesen. Darum ist es für mich sooo schade, dass die Religionen sich gegenseitig immer wieder »bekriegen«, anstatt gemeinsam nach dem Höchsten und dem Glück zu suchen. Aber an mir selbst und auch an manchen Teilnehmern kann ich feststellen, dass es DEM MENSCH oft doch sehr schwer zu fallen scheint, Anderes zu akzeptieren. Das Eigene, Gewohnte ist das, was mich hält.

Und wenn mein Glaube nicht fest genug ist, dann »muss« ich das Andere in Frage stellen, denn sonst müsste ich mich selbst in Frage stellen. Und wer mag das schon? Auch wichtig war mir noch die gemachte Feststellung, dass ein Weltfrieden – den sich doch wohl fast alle Menschen wünschen – ohne einen Religionsfrieden nicht möglich ist. Vielleicht kann ich später beruflich mich auf diesem Gebiet (ökumene) betätigen. Es gibt so viel Gutes, Wertvolles von jeder anderen Religion und Kultur zu lernen. Aber ich muss bei mir anfangen, tolerant zu werden. Täglich neu versuchen. Zwei Teilnehmer des Meditationskurses, Daniel aus Australien und Joon, wollen sich nun vielleicht ein Rad ausleihen bzw. billig kaufen und dann mit Wout und mir von Lhasa nach Kathmandu fahren. Ich bin begeistert davon, Wout nicht so ganz, weil er den beiden nicht genügend Fitness zutraut.