Auf den ersten km fällt mir auf, dass ich in einer anderen Stadt übernachtet haben muss, als ich die ganze Zeit annahm. Da muss ich wohl in dem sintflutartigen Regen gestern Nachmittag eine Abzweigung übersehen haben. Jetzt sehe ich wieder keine Ortsschilder und weiß nicht, ob ich in der richtigen Richtung unterwegs bin. Die Sonne steht in den Tropen schon gegen 8 Uhr so hoch, dass man sich an ihr dann nicht mehr orientieren kann. Und die Leute können mir auch kaum helfen. Das Rad fahren fällt mir heute schwer. Jeder Tritt. Und dieser Verkehr. Und ich weiß nicht, ob ich wirklich Richtung Osten fahre. Bin aber heute schon 70 km gefahren. Wenn das alles in die falsche Richtung war. Doch dann kommt endlich ein Städtchen, das auch auf meiner Karte eingezeichnet ist. Ich bin richtig! Da fällt sogar das Radeln wieder leichter. War das am Ende gar nur eine »psychologische Sperre«, dass es mir heute so schwer gefallen war? Nein! Denn gleich zu Beginn des Anstiegs zum Dieng- Plateau (2000 m hoch) werde ich schwach und schwächer. Dabei liebe ich normalerweise Steigungen. Heute zieht sie mir aber schnell den letzten Saft aus den Knochen. Natürlich fängt es nun auch noch an zu regnen. Ich setze mich demoralisiert unter einen großen Baum. Aber der Regen hört nicht auf und kommt langsam immer stärker auch durch die Baumkrone. Mir wird kühl. Ich ziehe mir zum ersten Mal den Regenponcho über, den mir Fernando schon in Lhasa mit den Worten »In den Tropen brauchst du eine Radhose, ein Trikot, eine Badehose und ein Poncho« geschenkt hatte. Ja, der gute Fernando, wo er nur stecken mag? In Pakistan vielleicht? Irgendwann wird es mir zuviel. Ich fahre im Regen die letzten km nach Wonosobo. Es ist noch früh, aber auf das Dieng-Plateau treibt mich in meinem angeschlagenen Zustand und bei diesem Wetter heute niemand mehr. Ich suche ein Hotel und schlafe erst mal eine Runde. Ich bin schlapp, sehr schlapp. Wie damals in Tibet. Muskelschmerzen. Bereits leichtes Fieber. überhaupt kein Hunger. Mir ist klar, dass ich wieder richtig krank bin. Nur: was ist es diesmal? Wieder Giardia? Oder Malaria? Oder? Ich schaue noch ein bisschen TV. 3 Kanäle, alle ähnlich. Viele Nachrichten, ganz auf Indonesien konzentriert, ich verstehe nur das häufig verwendete Wort »Rupiah« (Landeswährung). Viel indonesische Musik, von traditionell bis rockig, aber immer melancholisch. Und (v. a. amerikanische) Serien. Schlafe schlecht, werde immer wieder wach.