Achteinhalbstündiges tiefes Durchschlafen. Frühstück im Roadhouse. Was essen all die hier genächtigten Straßenarbeiter? Fastfood der »härtesten Kategorie«: Bratwürste, Speck, Spiegeleier und Pommes-Frites mit der in Australien populären Tomato-Sauce (für Ausländer dasselbe wie das amerikanische Ketchup, aber für die meisten Aussies besteht da ein himmelweiter Unterschied) – und das um 6 Uhr morgens. Zelt abbauen, schon wieder diese Plage mit all den Insekten. Erst um halb acht komme ich los. Das wird ein Hitzetest. Nach einer halben Stunde erreiche ich erst mal mit 11-tägiger »Verspätung« die Radkilometerzahl, die gut zum Faschingsanfang (11.11.) gepasst hätte: 11 111 km. Ein Helau in die Heimat, hier ist von Fastnacht nichts zu spüren. Ich muss tatsächlich auf dem Weg zurück zu alter Form sein, denn die Hitze macht mir nicht viel aus – zumindest so lange ich auf dem Rad sitze. Ich merke nur, dass ich viel trinke. Dann eine lange Baustelle. Und ausgerechnet nun viel Verkehr. Die kleinen Steinchen und der viele Staub werden aufgewirbelt, auf mich Radler nehmen nur wenige Rücksicht. Da gilt dann das Motto: Augen (fast) zu und durch. Am Straßenrand winkt mir jemand schüchtern. Das Gesicht kenne ich doch. Na klar, das ist einer der Straßenarbeiter, die in meinem Roadhouse übernachtet haben. Er hat beim Frühstück mitbekommen, wie ich mich nach einer angeblichen Wasserstelle nach gut 70 km erkundigt habe. Das wäre in ca. 10 km. Er aber habe extra ein bisschen mehr Wasser mitgenommen, da das Trinkwasser am Rande der Straße in den Tanks manchmal schon ein bisschen älter sei. Zum ersten Mal in Australien bin ich gerührt. Schön kalt ist das Wasser sogar. Leider verstehe ich bei dem herrschenden Lärm sein Englisch nicht gut. So fahre ich bald weiter. Vielleicht zu schnell, wie ich schon bald darauf bereue. Denn beim Abschied schien er ein bisschen enttäuscht, dass ich so schnell wieder aufbreche und auch seine ein wenig traurig wirkende Augen ließen darauf schließen, dass er mir irgend etwas mitteilen wollte. Schade, dass man nichts im Leben rückgängig machen kann, im Besonderen natürlich, wenn man denjenigen wohl nie mehr im Leben sieht und ihm dementsprechend nichts mehr mitteilen kann. Wenigstens trinke ich jeden Schluck seines erfrischenden Wassers auf ihn. Später überholt mich ein Auto und hält daraufhin an. Es sind die zwei Münchnerinnen, die ich schon im Internetshop in Darwin getroffen hatte. Eigentlich dürften sie mich – mit Kopftuch, Sonnenbrille und Radklamotten – kaum erkennen, aber sie dachten sich, dass außer mir sicher niemand hier radeln würde. Ihr gerade vor gut einer Woche erstandener Gebrauchtwagen musste nun schon dreimal in eine Werkstatt. Aber sie bleiben zuversichtlich, da es immer nur Kleinigkeiten gewesen wären und nun alles passen würde. Na hoffentlich! Recht frisch erreiche ich gegen halb zwei Elliot, noch 2295 km nördlich von Adelaide. Einfaches, aber klimatisiertes und preiswertes Zimmer. Jetzt erst stört mich die Hitze wieder. Da schlafe ich lieber ein bisschen. Am späten Nachmittag geht’s auf die Straße des Ortes. Viele Aborigines. Einige grüßen freundlich. Mir fällt erst jetzt auf, dass Sonntag ist. Und auch nur, da alles geschlossen hat. Bis auf einen Mini-Markt in einer Tankstelle, der noch für ein paar Minuten geöffnet ist. Schnell einkaufen. Am Abend kurz in die Kneipe des Hotels. Was essen und gleich beim morgigen Roadhouse anrufen, um mir ein Zimmer reservieren zu lassen. Aber diese Dorfkneipe ist interessant. Natürlich ein Billardtisch in der Mitte. Reger Betrieb. Der Sieger bleibt am Tisch, andere fordern heraus. Ich bin beeindruckt, wie gut hier schon der »Durchschnittsspieler« ist. Drei Aborigines. Ein »mittelalter« Mann und zwei ältere Damen, die jeweils leicht seine Mutter sein könnten. Alle trinken sie ihre Dosen Bier. Schon mal eine deutsche Frau über 80 mit Bierdose in der Hand gesehen? Sie sitzen isoliert. Aber dann kommen zwei weiße Jugendliche rein, die den mittelalten Aborigine wie einen guten Kumpel begrüßen. Schön, auch mal so was zu sehen! Der Barkeeper kommt zu mir. Ob ich der Radler sei? Er möchte auch mal von London nach Moskau radeln. Er wird sich wundern, wie kalt es dort sein kann. Jetzt begreife ich auch, warum in vielen Pubs hier keine Musik aufgelegt wird. Immer steht eine Juke-Box da, man kann sich Lieder aussuchen. Aber nicht billig. Dennoch wird es hier ziemlich genutzt, recht gute Musik der 90er. Mir gefällt das hier alles, ich trinke ein Bier. Die Glasflaschen kommen in Australien in einen Styroporbecher, damit das Bier kalt bleibt. Dies wird übrigens immer ohne Glas getrunken, direkt aus Dose oder Flasche. Am Abend kommen nun all die Landcruiser-Touristen, die ein Zimmer haben wollen. Auch ein Mann aus Bad Schönborn bei Bruchsal, der nun für drei Wochen mit Leihauto durch Australien tourt.