24. – 26. Januar

In einem Land, das v. a. »Natur pur« bietet, werden Outdooraktivitäten natürlich groß geschrieben. Neben Kajak und Kanu fahren ist v. a. Trekking (altdeutsch »Wandern«) angesagt. In Neuseeland gibt es dementsprechend eine Unmenge Tracks, die bekanntesten und angeblich auch schönsten ballen sich auf engstem Raum im Südwesten der Südinsel, im größten Nationalpark der Erde, im »Fjordland Nationalpark«. Vor eineinhalb Wochen versuchten wir noch, uns für den von vielen als schönsten Track der Erde angesehenen Milford-Track anzumelden. Hier werden pro Tag aber nur 40 Leute – der begrenzten übernachtungsmöglichkeiten wegen – auf die Strecke gelassen. Und da gerade Hochsaison herrscht, ist dieser Track bis zum 20. März ausgebucht. So haben wir auf den Kepler-Track umgesattelt. Auch dort müssen wir im Voraus buchen, aber wir können noch am Buchungstag aufbrechen. Der Kepler-Track ist 67 km lang, wobei die meisten ihn bereits 10 km vor dem »offiziellen Ende« abbrechen, da er dann landschaftlich eh nicht mehr so reizvoll sein soll. Wir wollen das ebenso handhaben. So können wir die Kepler- Runde dann wohl auch in drei Tagen absolvieren. Der Vormittag des ersten Tages sowie der Abschlusstag sind recht eben, es geht durch Wälder. Häufig ähnliche Vegetation wie zu Hause. Nur auffallend viele und große Farne. Ansonsten Bäume und Gebüsch – oft saftgrün. Dazwischen auch einige Abschnitte mit anscheinend komplett abgestorbenen Bäumen. Saurer Regen auf neuseeländisch? Der Nachmittag des ersten Tages sowie den kompletten darauf folgenden Tag geht es in die Berge. Gigantisch für mich Bergfanatiker. über 1200 Höhenmeter geht es aufwärts, dann hoch und runter, direkt über einen Bergkamm. Tolles Farbenspiel. Fast so interessant wie im Outback. Strahlend blauer Himmel, schneeweiße Wolken unter uns in den Tälern, in diversen Brauntönen majestätisch anmutende, karge, schroffe, teilweise bizarr wirkende Bergriesen. Dazu – bis auf halber Höhe – das Grün der Bäume, in das wir am Ende des zweiten Tages auch wieder eintauchen, womit aus unserer faszinierenden Weitsicht wieder ein nur bis zum nächsten Baum reichender eingeschränkter Blick wird. Nicht zuletzt in allen Farbtönen schimmernde Bergseen. Tiere fallen hier nur wenig auf. Giftige Arten gibt es in Neuseeland sowieso nicht. Wir begegnen nur einem Kea, ein papageiähnlicher Genosse, der gerne Futter und andere Gegenstände der Menschen stibitzt. Sandflies, die kleinen stechenden Plagegeister, gibt es auch. Auf dem Track gibt es drei Hütten. So übernachten alle Wanderer (mit uns ca. 40 an der Zahl) jeweils immer in der gleichen Hütte, da diese Hütten immer am Ende eines vorgeschlagenen Tagesabschnitts liegen. Abends trifft man sich also wieder. Bald kennt man so die Gesichter derer, die noch mit einem auf dem Weg sind. Von dem Einen oder Anderen erfährt man auch Manches. Viele Europäer sind da. Die Gespräche am Abend kreisen meist ums Reisen. WARUM ist der Mensch nur so klein kariert, dass er scheinbar oft von dem absolut gefangen genommen wird, mit dem er sich gerade beschäftigt? WO bleibt die Unabhängigkeit, der Blick über die eigenen (bescheidenen) Grenzen? Mit dem Wetter haben wir riesiges Glück. Absolut kein Regen, immer mild und sogar viel Sonne. Selten hier. Soll auch ein »Jahrhundertsommer« sein. In diesem Land, in dem es an vielen Orten über 300 Tage im Jahr (bis max. 360 Tage!) regnet, ist seit Wochen kein spürbarer Niederschlag mehr registriert worden. Trotz dieser günstigen äußeren Bedingungen ist das Wandern nicht so simpel. Wir müssen neben unserer Ausrüstung auch Futteralien für drei Tage sowie jeweils das für den nächsten Tagesabschnitt benötigte Wasser in unseren Rucksäcken mitschleifen. Ich habe damit zu kämpfen, v. a. auf den langen und steilen Bergabpassagen. Muskelkater ist die Folge. Da radelt man – als alt gedienter Marathonläufer – um die Welt und dann bekommt man vom WANDERN schwere Beine. Nanna und Maren erleiden ein ähnliches Schicksal, halten aber tapfer durch, v. a. Nanna schlägt von Tag zu Tag ein flotteres Tempo an. Christian scheint der Track kaum anzustrengen, er meistert ihn locker und muss sich daraufhin den Spitznamen »Mr. Energy« gefallen lassen. Nach drei Tagen abseits der Zivilisation wieder zurück in Te Anau, »überfallen« wir den Supermarkt. Zuletzt hatten wir unsere Essensvorräte rationieren müssen, nun haben uns Nutella und andere Köstlichkeiten wieder.