Gegen halb sechs werde ich wach. Beim Zusammenpacken wecke ich fast zwangsläufig die Anderen auf. Tut mir leid. Um 6:40 Uhr hat mich der Stuart- Highway wieder. Ein weiteres, kleines Stückchen Richtung Adelaide soll wieder abgespult werden. Steter Tropfen ölt den Stein. Bei der ersten Pause eine gerade im Aufwachen befindliche Großfamilie aus dem Süden Australiens – unterwegs mit zwei Wohnwagen. Nur die Kinder tollen schon wild herum. Besonders lästige Fliegen heute. Viele sind es und »aufdringlich« und hartnäckig sind sie dazu. In den Pausen wird das besonders extrem, ich bin nur noch am »Fliegen verjagen«. Nutzt aber nicht viel, sie kommen immer wieder. Mein Nervenkostüm wird mal wieder strapaziert. Ansonsten alles »wie immer«, v. a. heiß. Eigentlich wundert es mich, dass mir die »ewige Gleichförmigkeit des Outbacks« bisher noch überhaupt nichts ausmacht. Aber ich hatte mich ja darauf eingestellt und zudem nimmt das »Ziel Adelaide« jede Langeweile. Drei Kilometerjubiläen innerhalb kurzer Zeit: Zunächst sind die ersten 1000 km auf dem Stuart-Highway absolviert, kurz darauf das erste Drittel dieses Highways und zum guten Schluss gehe ich auf die letzten 2000 km bis Adelaide. Nach gut 100 km besuche ich die »Devil’s Marbles«. Eigenwillige, runde Felsformationen, die so über Jahrtausende von Sand, Wind und gelegentlichen Regenfällen geformt wurden. Für die Aborigines sind diese »Murmeln des Teufels« die Eier der verehrten Regenbogenschlange. Bald darauf erreiche ich auch schon das »Roadhouse Wauchope«, noch 1926 km nördlich von Adelaide. Günstiges Budgetzimmer. Abkühlung im Swimmingpool, inzwischen fast schon obligatorischer Mittagsschlaf. Essen, viel trinken, durch Lektüre auf Alice Springs und Umgebung vorbereiten, denn in dieser Region will ich mich etwas länger aufhalten, da sie wohl einige der interessantesten Naturschönheiten Australiens bereit hält. Im Swimmingpool liegen inzwischen die Touris, mit Bierflasche in der Hand. Da gehört ein bisschen Gegröle natürlich dazu. In meiner Müdigkeit am Morgen habe ich scheinbar vergessen, auch meine Arme mit Sonnencreme einzuschmieren. Australiens Sonne verzeiht aber keine Fehler. ROT-braune Arme sind die Folge. Am Abend zum Kalorien aufladen in den natürlich auch hier »historischen Pub«. Sieht auch aus wie überall hier im Outback. Und auch die Umgangsformen sind wie in den anderen Pubs hier. Etwas rauer halt. In Shorts gekleidete Frauen und Männer trinken Bier, Jim-Beam-Cola u. ä. – dabei wird natürlich Billard gespielt. Fast alle – auch die Frauen –sind tätowiert. An allen möglichen (und unmöglichen) Stellen. Ich werde beim Hereinkommen wie immer mit »Hi man« (=»Hai, mään«) angesprochen. Ich bestelle wie meist »Hamburger with lot«. Das bedeutet, dass zum Hamburger noch Salat irgendeiner Art, Rote Beete, ein Spiegelei, Schinken und Käse dazu kommt. Ein angedudelter Billardspieler kommt zu mir rüber und unterhält sich mit mir. Er kommt aus Melbourne und ist zum ersten Mal im Outback. Er nennt es eine »gute Erfahrung«. Nette Leute und dennoch trinke ich mit ihnen kein Bier, denn ich »muss« eh schon bald ins Bett. Das ist eben der Nachteil, wenn ich mich so aufs Radeln konzentrieren muss wie derzeit. übrigens gehen nur wenige Australier mal in ihr Outback. Australien ist wie kein anderes Land verstädtert. über 85 Prozent der gerade mal 18 Millionen Einwohner (entspricht 2,5 Einwohner pro qkm; im Vergleich leben in Deutschland ca. 250, auf Java gar um die 1000 Einwohner auf solch einem qkm; da in Australien nun fast alle an der Küste wohnen, kann man sich vorstellen, wie viele da noch im Outback übrig bleiben.) leben in Städten, v. a. in den Millionenmetropolen Sydney, Melbourne, Adelaide, Brisbane und Perth. Aber für die australischen Städter ist das Outback ein allgegenwärtiger Mythos, ähnlich dem vom »Wilden Westen« in Nordamerika. Viele »Aussies« reden davon, einmal in das trockene Herz ihres Kontinents vorzudringen, aber die wenigsten setzen diese Idee auch in die Tat um.