26. November

Noch vor 5 Uhr aufwachen, um 6 Uhr geht mein heutiges Tagewerk los. Erstes Roadhouse, schon wieder die Straßenarbeiter, mit denen ich mich schon seit über 600 km fast im Gleichtakt Richtung Süden fortbewege. Sie brechen gerade zu ihrer nächsten Baustelle 90 km südlich auf. Da werden wir uns später wohl wieder sehen. Die Sonne verschwindet immer häufiger hinter aufkommenden Wolken. Lässt sich gleich besser radeln. Dafür kommt der Wind nun plötzlich beständig von vorne rechts. Manchmal trete ich so ganz schön rein und dennoch tut sich nicht viel. Trotzdem geht es voran. Dann eine Baustelle. Es wird gerade frisch geteert, ganz schön »nass«, die Straßenoberfläche. Ich darf schon drüber fahren, die Autofahrer müssen noch warten. Na ja, die Radelfahrer sollen auch mal einen Vorteil haben. Dann wieder meine bekannten Gesichter, die acht mich »begleitenden« Straßenarbeiter. Kernige und interessante Kerle. Ein letztes, längeres Gespräch, denn sie treten heute noch die Rückreise an. Foto und herzlicher Abschied. Mein an sich geplantes Tagesziel, das Roadhouse in Barrow Creek, ist am Mittag erreicht. Zwielichtige Gestalten treiben sich hier rum, mir gefällt die Atmosphäre hier nicht. Auch die Bedienung ist unfreundlich. Nein, hier will ich nicht bis morgen früh ausharren müssen. Ist das nächste Roadhouse, noch 90 km entfernt, eine Alternative? Kann ich das schaffen? Das wären dann 200 km heute. Leichter Gegenwind, immer mal wieder die stechende Sonne und keine Wasserstelle unterwegs. Aus letzterem Grund MUSS ich dann auch das nächste Roadhouse erreichen, wenn ich von hier aus weiterfahre. Hoffentlich breche ich nicht wieder ein und muss diese mal wieder reizvolle, aber auch unvernünftige Tat bereuen. Der Wind frischt auf und die Sonne kommt wieder richtig raus. Es wird hart werden. Aber es läuft. Sogar immer besser. Keine Qual, keine schweren Beine. Toll! Ein mich überholender Landrover hält an. Mittelalter, kerniger Typ mit Vollbart, aus Alice Springs. Erst bietet er mir freundlich Wasser an (ich habe aber noch genug), dann Marihuana. Ich weiß nicht, wie das wirkt, aber ich bin auch »ohne« gut drauf. Fast sogar berauscht davon, dass es nur gut drei Wochen nach meinem Krankenhausaufenthalt schon wieder so gut läuft. Bald darauf bekomme ich Hunger. Ich habe nur noch »Bappedeckelweißbrot« und eine der wenigen australischen Küchenspezialitäten, den Brotaufstrich »Vegemite«. Soll sehr gesund sein, aber der Geschmack. Ich muss mich schütteln und kann beim besten Willen nicht aufessen. Einen so miesen Geschmack hatte ich noch nicht auf meiner Reise. Mal wieder ein groß angekündigter »historic place«, ein weiteres »Stuart-Memorial«. Stuart, nach dem dieser Highway benannt ist, war vor gut 140 Jahren einer der ersten europäischen Abenteurer, die den Norden des Landes erforschten. Aber auch dieses Memorial ist wieder nur heiße Luft. Ein Land ohne lange Geschichte, das scheinbar schon krampfhaft auf seine Historie hinweist. Wie hatte das einer etwas überspitzt formuliert? »Wenn da einer gepinkelt hat, wurde gleich eine Gedenktafel dafür errichtet«. Dann bin ich auch kurz nach 17 Uhr schon am »Ti-Tree-Roadhouse«, noch 1726 km nördlich von Adelaide. Langsam kommt leichte Euphorie in mir auf. Wieder preiswertes Budgetzimmer. Beim genüsslichen Abendmahl lasse ich den Tag so richtig zufrieden auslaufen.