Noch mal versuche ich an der Uni in Tabriz mein Glück, einen Internetanschluss zu finden. Aber wieder das Gleiche: Ich finde niemanden, der Englisch spricht. Schließlich werde ich zur Landesregierung von Aserbeidschan geschickt. Ich fahre – wie das hier üblich ist – mit dem Taxi. Für die drei km zahle ich ca. 50 Pfennig. Aber selbst hier, bei der Landesregierung, spricht der Chef der Abteilung »Kommunikation« nicht einmal soviel Englisch, dass wir uns verständigen könnten! Aber er telefoniert in der ganzen Stadt herum, um mich mit Englisch sprechenden Menschen zu verbinden. Nachdem ich einem mein Anliegen näher gebracht habe, bekomme ich Auto und Chauffeur zur Verfügung gestellt und werde zu einer großen Agrarorganisation kutschiert, die über den einzigen (!) Internet-Account der gesamten Millionenstadt Tabriz verfügt. Hier arbeitet gerade Hassan am PC, aber als er von mir hört, räumt er sofort den Platz, damit ich gleich beginnen kann. Diese Freundlichkeit ist oft schon fast beschämend. Zumal ich zwischenrein auch immer mal wieder einen Tee gebracht bekomme und zudem noch ein Mittagessen. Hassan entschuldigt sich auch noch, dass das leider nichts Gescheites zu essen wäre. Dabei handelt es sich um die im Iran am häufigsten genossene Speise: Hühnchen mit Reis und Salat sowie Fladenbrot. Dazu gibt es natürlich auch wieder die obligatorische Cola. Einfach das billigste Getränk. Es ist der Regierung nicht gelungen, alle westlichen Einflüsse zu verbannen. Hassan bleibt wegen mir zwei Stunden länger an seiner Arbeitsstelle, was er mir aber erst später verrät. Ich soll dafür nur eine kurze Meldung für das iranische Internet aufsetzen. Gerne! Da es aber nicht möglich war, an meine eigene Email-Adresse ran zu kommen, ich aber auf einige wichtige Meldungen aus der Heimat warte, verabreden wir uns für morgen erneut. Ich suche eine Bank, um Geld umzutauschen. So gehe ich in die »Iran Bank«. Hier kann ich zwar kein Geld tauschen, aber ich treffe ein paar interessante Leute, mit denen ich mich einige Stunden – während deren »Arbeitszeit«! – unterhalte. Mit einem davon, Hussein (fiktiver Name, da er wollte, dass ich seinen Namen nicht nenne; auch dies sagt wohl etwas über die Gegebenheiten im Iran aus) gehe ich am Abend noch was essen. Er erzählt mir viel über die hiesige Kultur. Er glaubt, dass noch ca. 50 Prozent mit dem aus seiner Sicht diktatorischen Regime einverstanden sind. Der Rest ist – oft strikt – gegen dessen Politik, kann sich aber kaum wehren und muss sich in sein Schicksal fügen. Aber das Regime würde in den letzten Jahren immerhin einiges auflockern (z. B. wird es nun nicht mehr besonders strikt gehandhabt, wenn »westliche« Musik gefunden wird). Er fühlt sich zuerst als Aserbeidschaner, erst dann als Iraner, und leidet dementsprechend unter der Trennung von den nun (seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion) in einem eigenen Staat lebenden Landsleuten (nördlich vom Iran). Auch er würde sich gerne die Welt anschauen, aber die finanziellen Möglichkeiten sind hier doch sehr beschränkt. So liest er wenigstens viele Reiseführer, um sich über fremde Länder und Kulturen zu informieren. Und er ist sich sicher, dass jede Nation von anderen etwas lernen kann. Sein größter Traum ist der vom Frieden auf der gesamten Erde. Er glaubt, dass dies möglich sei. Die Menschen müssten sich »nur« gegenseitig respektieren, auch und v. a. Minderheiten.