Ich schlafe lange, Roberto hat nicht wie verabredet an unserer Zimmertür geklopft. Dann ist er wohl schon unterwegs nach Kuala Lumpur. Erst nach dem Mittag starte ich mit dem Rad zur 79 km langen Inselumrundung. Der Verkehr in Georgetown ist wirklich stark und man muss sehr aufpassen. Gerade, als ich endlich außerhalb der Stadt bin, erschrickt eine Rieseneidechse so stark von den für sie wohl ungewohnten Geräusche meines Rades, dass sie hektisch über die Straße »watschelt« und prompt von einem Auto auf der gegenüberliegenden Straßenseite angefahren wird, was für sie schnell tödlich endet. Ich schaue ihr aus ein paar Metern Entfernung zu, wie sie stirbt, fühle mich getroffen, auch da ich mitschuldig an ihrem Tod bin. Aber so ist halt das Leben. Der Tod lauert an jeder Ecke! Und früher oder später trifft er alles Lebendige. Die Ostküste der Insel ist stark besiedelt, viele größere Dörfer und entsprechend hohes Verkehrsaufkommen. Im Süden – nachdem man den Flughafen passiert hat – und v. a. im Westen ändert sich der Charakter der Insel. Es geht in die Berge und man sieht kaum noch Menschen. Die Straßen sind dennoch topp und die Steigungen zwar länger, aber sehr moderat. Entsprechend sind die Abfahrten ein Genuss. Viele (sanfte) Kurven, durch die man so richtig schön »tanzen« kann, ohne groß bremsen zu müssen. Die Straße führt mich an den verschiedensten Plantagen vorbei. Immer wieder kommt mir der Satz von Barry in den Sinn, als er meinte, dass er in zwei, drei Monaten Reisen wesentlich mehr als in fünf Jahren Studium gelernt habe. Wie er mir dabei aus der Seele spricht! »Künstliche« Touristenattraktionen gibt es hier auch. Von der Schmetterlingsfarm bis hin zu den Wasserfällen, die diesen Namen eigentlich gar nicht verdienen. Touristen sehe ich dennoch hier nicht viele. Die »finde« ich dann schon eher an den (wenigen) Sandstränden im Norden der Insel. Der Sand hier ist aber bei weitem nicht so fein und weiß wie auf den von mir besuchten thailändischen Inseln. Dafür gibt es schöne Buchten, die von Palmen und Felsen begrenzt werden. Batu Ferringhi, der Haupttouristenort der Insel. Internationale Top-Hotels, die eigentlich gar nicht in die Landschaft passen. Gleich auch wieder höhere Preise. Aber wenig Ansprechendes. Zurück nach Georgetown. Noch ein kurzer Abstecher zum »Botanischen Garten«: überall sich quälende Jogger. Ansonsten wird die Natur hier im wahrsten Sinne des Wortes nach den Vorstellungen des Menschen getrimmt. In Georgetown will ich dann meinen nächsten Reisebericht schreiben. Zunächst gibt es Probleme mit dem PC, dann schließt auch der letzte (kleine) Internetshop. So werde ich wohl noch einen weiteren Tag hier bleiben »müssen«, auch weil die zwei Thüringer, die ich vor gut einer Woche auf Koh Pha Ngan getroffen habe, aufgrund von Problemen mit den Bussen (alle an den malaysischen Feiertagen der letzen Tage ausgebucht – aufgrund einiger malaysischer Siege bei den gerade vor einer Woche in Kuala Lumpur zu Ende gegangenen Commonwealth-Spiele kurzfristig vom stark in der Kritik stehenden Staatspräsidenten ausgerufen) erst morgen hier eintreffen werden. So trinke ich noch gemütlich ein Bierchen in einem »Reggae-Club«, der zwischen Indien und Südostasien wohl am stärksten verbreiteten Variante eines Pubs. Gerade als ich kurz vor Mitternacht wieder zurück im Zimmer bin, klopft es an der Tür: Roberto! Er hatte am Morgen noch länger geschlafen als ich und würde morgen nun gerne nach Kuala Lumpur, hat aber niemanden gefunden, der ihm das Geld geben wollte. Barry und ich unterhalten uns noch mal lange mit ihm. Ich gebe ihm das notwendige Geld, bin aber nicht allzu freundlich zu ihm, da ich ihm einfach nicht trauen kann. Wenn seine Geschichte aber doch stimmen sollte, war das kein guter Charakterzug von mir. Denn er macht ganz auf guten Kumpel.