30. Mai

Obwohl es in der Nacht nicht geregnet hat, braucht mein Zelt in der Früh lange, bis es endlich einigermaßen trocken ist. So feucht und kühl war es in der Nacht. Für mich aber angenehm. Der Verkehr wird immer stärker. Und Verkehr bedeutet im Orient Busse und Lkws über Lkws. Die meisten fahren vernünftig, aber manche passieren mich doch mit sehr geringem Abstand. Die Straße ist zwar weiterhin recht gut, aber doch sehr schmal, v. a. dafür, dass es sich um DIE Transitroute von der Türkei nach Tehran handelt. Und der Seitenstreifen ist hier entweder gar nicht mehr vorhanden oder er besteht aus einem mit großen Steinen durchsetzten Sandstreifen. Darein ausweichen will ich nur im Notfall, was ab und zu notwendig ist, v. a. wenn gerade auf der Gegenspur ein Lkw auf meiner Höhe ein überholmanöver wagt. So ist höchste Konzentration angesagt. Weiterhin erschweren mir diese vermaledeiten lauten orientalischen Hupen mein Dasein. Denn diese sind doch sehr nervig. Und wenn starker Wind herrscht, höre ich die von hinten kommenden Lkw kaum. Wenn sie dann hupen – oft genau auf meiner Höhe (denn sie meinen es ja nur gut mit mir) – fahre ich zusammen und fluche über diese Huperei. Spätestens aber, wenn mich der Fahrer dieses Gefährtes dann erwartungsvoll anlacht und hofft, dass ich zurückgrüße, dann ist mein ärger wieder verflogen und ich hebe lächelnd mein Patschehändchen. Hupen bedeutet hier halt was Anderes als bei uns. Eben nicht Zurechtweisung oder Ausdruck von ärger, sondern freundliches Grüßen und Aufmunterung. Heute fällt mir besonders der duft dieser einfachen, aber gemütlichen und preiswerten Restaurants entlang der Landstraßen auf. Es riecht nach gebratenem Fleisch und vielen Gewürzen. V. a. Truckfahrer kehren hier ein und verbreiten meist eine lockere und lustige Atmosphäre. Was mir als stinknormalem Mitteleuropäer doch immer schwerer fällt, ist der meist doch recht desolate Zustand der sanitären Anlagen. Allzu viel von meinem natürlich selbst mitzubringenden Klopapier darf ich auch nicht verwenden. Denn dafür sind die orientalischen Toiletten nicht gebaut. Die Landschaft bleibt den ganzen Tag sehr ähnlich: Ein breites Tal, in dem auch Landwirtschaft betrieben wird (v. a. Obst und Getreide) und saftgrüne Pappelalleen herausstechen. Ausgerechnet am Abend finde ich aber wieder keine (weichen) Wiesen, die zum Zelten einladen würden. Dies ist zur Zeit besonders wichtig, da ich bei meiner letzten Busfahrt meine Zeltunterlage verloren habe und so mein Zelt auf dem harten und steinigen Untergrund schnell in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Aber als es schon stark gedämmert hat, finde ich doch noch einen optimalen Schlafplatz: Frisch gemachtes Heu. Gute Nacht!