13.12.2016

Der Tag beginnt mit einem tollen Frühstück, dem besten seit Guatemala: viel Obst, vegetarische Toasts und noch zwei Stück Kuchen. Dazu frisch gepressten Orangensaft und Cafe con leche. Super freundliche Gastgebende, schönes Zimmer, alles top.

6:14 Uhr starte ich in der beginnenden Morgendämmerung. Bereits unglaublich viel Verkehr. Schlechte Straßen: etwa 5m lange Betonplatten. Oft „springe“ ich von der einen zur nächsten Betonplatte, weil diese dann geschätzt 1 cm tiefer ist. Habe Angst um mein Hinterrad.

Grandiose Morgenstimmung: tropische Wälder, in Nebel getaucht. Die Sonne kämpft sich durch diesen Nebel und taucht die gesamte Szenerie in ein tolles Licht.

Hinter David plötzlich viel weniger Verkehr. Nun beginnt eine Baustelle: wir müssen auf die Gegenfahrbahn und uns die beiden Spuren mit dem Gegenverkehr teilen. Die Baustelle zieht sich und zieht sich: mal auf unserer, mal auf der anderen Seite. Der Straßenbelag ist nun aber meist sehr gut, toll asphaltiert. Nur kurze schlechte Abschnitte. Einer trifft mich unvermittelt: fahre in einer Autoschlange eine Abfahrt sausend hinab, plötzlich holpert es stark und meine Radtasche springt aus ihrer Bestigung. Mein Aluteller ist demoliert (kann ihn aber noch nutzen). Er hat  für alles Andere einen guten Schutz dargestellt. Nur meine Tasche selbst hat nun einige Löcher und ist von daher nicht mehr komplett wasserdicht.

Bei meiner ersten Pause fällt mir ein stehender Pickup auf, der auf seiner kleinen Ladefläche 4 Rinder zusammen gepfercht hat. Nur wenige km später sehe ich ein anderes Rind, tot auf dem Rücken liegen. Alle Viere von sich gestreckt. Am Straßenteiler zwischen beiden Fahrtrichtungen. Mich wundert, dass das Rind so liegen bleibt. Mit Sicherheit ist es nicht erst heute gestorben…

Die Landschaft gefällt mir heute gut. Es ist sehr hügelig, immer wieder sind bewaldete oder zumindest in saftigem Grün schimmernde Hügel zu beiden Seiten der Straße zu erkennen. Die großen Berge der Kordilieren, die am Morgen auf noch über 3000 m aufragen, kann ich leider des Nebels und/oder der Wolken wegen immer noch nicht erkennen. Es läuft super bei mir, habe auch richtig Freude. Um den Mittag werden die Anstiege länger. Die Sonne sticht dabei manchmal sehr heftig. Die Abfahrt mit dem kühlenden Fahrtwind genieße ich. Es gibt kaum Dörfer und noch weniger Geschäfte. Meine Vorräte gehen aber langsam zur Neige. So kommt ein kleiner Laden gerade Recht. Es gibt nur das Notwendigste. Vor dem Geschäft ist eine Bushaltestelle. Leute, die aussehen, als wären sie Indigene. Teilweise mit bunten Kleidern. Andere sind sehr schlicht gekleidet. Mittendrin ich mit meinen verschwitzten und verdreckten Radklamotten. Mit zwei Männern komme ich ein bisschen ins Gespräch.

Weiter hoch und runter. Weiter auf der Baustelle. Überall wird auch tasächlich gearbeitet, mit Bauarbeitern und schweren Fahrzeugen.

Hinein in die erste Stadt seit David: Santiago. Hier ist dann die mit und 200km sehr lange Baustelle zuende. Mit einem Schlag sind wieder beide Seiten befahrbar. Das ist in der Stadt auch dringend nötig, denn es gibt hier sehr viele Autos und auch LKW. Ich gehe in einen großen Supermarkt. Was für eine künstliche Welt, gerade dem kleinen Geschäft in der „Pampa“ von vorhin gegenüber: extrem klimatisiert, Weihnachtslieder, extreme Auswahl an allem Notwendigen und an noch viel mehr Überflüssigen. Draußen setze ich mich in den Schatten, um gleich noch was zu essen und zu trinken. An einem Stand ganz in meiner Nähe dudelt die immer gleiche Melodie, jeweils nur wenige Takte. Geht mir richtig auf den Geist. Bin froh, als ich weiter fahre.

Plötzlich wieder die Betonplatten, über die ich „springe“. Mein armes Rad. Dann beginnt es zu regnen. Erst soft, dann heftig. Als es extrem stark wird, stelle ich mich an einem Haus unter. Ein Mann kommt auf mich zu, ist sehr freundlich, stellt sich zu mir. Holt zwei Stühle und eine Melone. Schmeckt prima. Zum Smalltalk reichen meine Spanisch-Kenntnisse inzwischen, mehr ist aber leider nicht möglich.

Nach genau einer Stunde wird der Regen schwächer. Ich fahre los, denn ich will noch im Hellen in Aguadulce ankommen. Das war mein Tagesziel (nach 266km), das ich auch nicht aufgeben sollte, damit ich morgen den Flughafen rechtzeitig vor meinem Abflug erreiche.

Der Regen wird schwächer. Aber die Betonplatten hören nicht auf. Der Seitenstreifen ist besser asphaltiert. Allerdings ist der schon lange nicht mehr gesäubert worden, daher habe ich Angst vor einem Plattfuß. Halte das Risiko aber für überschaubar und fahre nun fast nur noch auf dem Seitenstreifen, zumal seit Santiago ganz viele LKW unterwegs sind. Und diese heute nicht immer sehr rücksichtsvoll gefahren werden. Es wird sehr eng, noch rechtzeitig in Aguaduklce an zu kommen. Und plötzlich: wieder am Hinterrad ein Plattfuß! Diesmal entweicht die Luft ganz schnell. Kann nicht weiter fahren. Bin an einer Bushaltestelle. Ein dort Wartender meinst, dass ich zum Mini-Supermarkt auf der anderen Straßenseite gehen soll. Mache ich auch. Und welche Überraschung: dort gibt es 26-Zoll-Schläuche! Und eine Luftpumpe haben sie auch. Zusammen mit dem Kollegen wechsle ich den Schlauch. 20 min. nach dem Entweichen der Luft bin ich wieder fahrbereit. Es dämmert bereits. Sind aber noch über 20km. Licht an – und in die Pedale treten. Der Straßenbelag wird besser – und der Seitenstreifen auch sauberer. Gott sei Dank ist mein Licht wirklich gut, alle anderen Verkehrsteilnehmenden erkennen mich. Sause nach Aguadulce. Finde direkt an der Panamericana ein Hotel. Hat schon bessere Zeiten gesehen. Dafür extrem teuer (33 USD – sogar ohne Frühstück). Aber ich will nicht mehr weiter. Bleibe hier.

Wieder mal ist alles (sehr!) gut gegangen.