Ruanda – 23.11.2013

Werde nach tiefem Schlaf von lang anhaltemdem Gesang vieler Menschen geweckt. Erfahre kurz danach, dass dies der Gesang von Gefangenen ist, die sich mit diesen Liedern gegenseitig und miteinander „moralisch stärken“ wollen. Deren „Verbrechen“ sind oft gering bzw. grundsätzlich sehr fragwürdig: darunter sind z.B. viele Kinder, die die neuen Vorschriften der Regierung (wie z.B. dem Vorbot des Verkaufs von Waren auf der Straße – das bei meinem letzten Besuch in Rwanda in 2007 noch das Straßenbild Rwandas mit geprägt hat) nicht eingehalten haben. Vor dem Gottesdienst in der Hauskapelle ein Gespräch über die gesellschaftliche und politische Situation im Land, bei dem deutlich wird, wie groß der Druck von der Regierung auf die Menschen hier ist. Nur mit gut Vertrauten wagen die Leute deutlich zu sprechen. Der Präsident gibt die Richtung vor, alle Anderen haben zu folgen.

Vormittags fahren wir in das „Kigali Memorial Centre“. Ausgangspunkt ist der Genozid 1994, bei dem im ganzen Land von den 7 Millionen EinwohnerInnen rund eine Million Menschen getötet wurden. Wir sind sehr berührt von diesem Museum. Wir haben den Eindruck, dass hier sachlich dieses unfassbare Kapitel der Menschheit erzählt wird. Besonders die Hintergründe, die zu dieser Katastrophe geführt haben, berühren uns zutiefst: deutsche und belgische Kolonialherren haben mit der Lehre von der Einteilung der Menschen in drei Gruppen (Hutu, Tutsi, Twa) die Grundlage für den Rassenhass gelegt. Mich persönlich berühren die Fotos und Geschichten von (Klein-)Kindern, die sehr früh diesem Genozid zum Opfer fielen, besonders. Dabei denke ich an meine eigenen Kinder…

Auch andere Genozide werden kurz dargestellt: Armenien, Namibia, Juden im NS-Reich, Kambodscha, Balkan. Die unglaublich dunkle Seite des Menschen wird sehr deutlich…

Durchaus moralisch wird an alle BesucherInnen des Museums appelliert, zu überlegen, was jede(r) Einzelne für einen Beitrag leisten kann, dass es nirgendwo auf dieser Erde noch einmal einen Genozid gibt. Dies gelingt v.a. durch die im Freien gestalteten Gartenanlagen, die dieses schwere Thema sehr grundsätzlich und philosophisch aufbereiten.

Anschließend begeben wir uns in Kigali-Downtown, das einen sauberen und sehr klar geordneten Eindruck macht, in ein Einkaufszentrum. Hier wirkt alles sehr westlich, der Supermarkt könnte genauso in Europa stehen.

Am Nachmittag teste ich das mir geliehene MTB: insgesamt rollt es gut, es ist aber sehr schwer zu lenken. In der Stadt ist es sehr hügelig. Die Temperaturen sind sehr angenehm (25 Grad), der leichte Regen stört kaum. Ich verfahre mich ziemlich, finde aber nach einer Weile wieder auf meinen Kurs; bald gelingt es mir auch, die Strecke Richtung Süden, die ich morgen fahren will, zu finden. In den abgelegneren Stadtvierteln falle ich doch ziemlich auf, werde auch oft „Muzungu“ („Weißer“) gerufen. An stark befahrenen Straßen, an deren Ränder ich auch etliche – z.T. in Flip-Flops – in bestem Laufstil joggende Menschen sehe, scheine ich hingegen kaum auf zu fallen.

Drei Rwandesen haben mir im Vorfeld versichert, dass es vollkommen o.k. wäre, wenn ich in kurzen Radklamotten fahren würde. Aktuell laufe sogar die „Tour de Rwanda“…

Als ich zurück komme, höre ich, dass der FCK 3:0 gewonnen hat und damit nun Tabellenführer ist.

Das Abendessen ist wie alle Mahlzeiten von hoher Qualität: Jannvier („Januar“) zaubert v.a. aus den heimischen Früchten und Gemüsen jeweils hervorragend mundende 3-Gänge-Menues: oft Kartoffel- und Gemüsesuppe, Kartoffeln, Reis und Nudeln, dazu Gemüse (u.a. Karotten, Bohnen, Erbsen, Linsen, Mangold), zum Nachtisch Obst (Ananas, Bananen, Melonen, Papaya, Mangos).

Abends sind wir noch in die Kommunität der Pallotiner eingeladen.