Beim Frühstück erfahre ich, dass eine aus unserer Reisegruppe (Olivia) starken Durchfall – kombiniert mit Erbrechen hat. Sie nimmt „Immodium aktiv“. Obwohl es ihr schlecht geht, glaubt sie, dass sie die rund dreistündige Fahrt nach Butare heute machen kann.
Ich will die 130km dorthin mit dem Rad fahren. Das Wetter ist gut: wolkig und knapp 25 Grad. Die ersten 10km aus Kigali raus ist es flach, danach geht es 30km lang nur noch beständig bergauf und bergab, meist rund alle 2km abwechselnd. Die Steigungen schätze ich auf meist so um die 8%. Später werden die Steigungen kürzer und meist sogar auch flacher. Die Verkehrssituation auf der „NR 1“ ist überraschend gesittet. Es fahren außerhalb von Kigali nur wenige Autos. Dafür etliche Kleinbusse, welche Touristen und Einheimische transportieren. Noch mehr Motoräder. Am meisten aber fahren die Einheimischen mit Fahrrädern, auf denen sie viele – auch schwere – Lasten transportieren: v.a. Holz; Bananen und andere Früchte. Viele Menschen sind auch zu Fuß unterwegs, heute besonders auf dem Weg zur bzw. von der Kirche.
Die meisten VerkehrsteilnehmerInnen nehmen sehr viel Rücksicht aufeinander, was offenbar auch daran liegt, dass an etlichen Stellen immer wieder PolizistInnen stehen, welche die Einhaltung der Verkehrsregeln überwachen.
Viele Menschen reagieren sichtbar auf mein Erscheinen: manche rufen mir laut zu: von „good morning“ (tageszeitunabhängig) bis zu „bon courage“ (v.a. weit im Süden), manche hätten gerne auch Geld vom vermutlich reichen Muzungu. Kinder kommen auf die Straße gerannt, manche wollen ein paar Meter neben mir mit rennen, Erwachsene wollen ein Stück mit mir radeln. Oft winken wir uns gegenseitig, manchmal lächeln wir uns an. Manche kichern verschämt. Mein persönliches Bild des Tages: ein herzhaft lachender Mann mit nur noch drei Zähnen.
Die Landschaft gefällt mir: ein Hügel nach dem anderen, der Webeslogan „Land der 1000 Hügel“ scheint mir untertrieben. Überall grünt und blüht es. An vielen Stellen ist der Landwirtschaft sehr prägend: es gibt unendlich viele kleine Parzellen, die von den Menschen meist in Subsitenzwirtschaft bearbeitet werden. Unterwegs fallen mir viele Ziegen auf, die oft an einem Baum festgebunden sind und ein wenig grasen.
Kurz vor Butare überholen mich die 5 KollegInnen meiner Reisegruppe, die von einem einheimischen Fahrer in einem Kleinbus gefahren werden. Wir unterhalten uns kurz, Olivia geht es auch Gott sei Dank wieder etwas besser. Es folgt ein kräftiger Schauer. Nach 5 1/2 Stunden komme ich in Butare/Huye an.
Am späten Nachmittag treffen wir noch zwei uns wichtige Gesprächspartnerinnen, die uns einige Internas über die Situation im Land berichten. Wir versprechen ihnen, dass wir sowohl die Personen als auch die Inhalte für uns behalten.
Beim Abendessen berichten wir uns gegenseitig, wie es uns geht. Wir fühlen uns gut eingestimmt auf den morgen beginnenden Besuch in unserem Partnerbistum.
Vor dem Schlafengehen merke ich, dass ich einen leichten Sonnenbrand an Armen, Beinen und im Gesicht habe – obwohl die Sonne fast nicht schien.