In den Morgenstunden lässt mein Durchfall – Stunden nach einer Tablette »Immodium aktiv« nach. Wir fühlen uns alle wie gerädert. Aber Wout und Daniel packen zusammen. Ich beschließe, hier zu bleiben. Daniel muntert Fernando und mich noch auf, versucht uns zu helfen, wo er auch nur kann und hofft, uns bald wieder auf der Straße zu treffen. Wout hingegen scheint es gerade recht, dass er uns zwei kranken Genossen los ist. Ihm scheint nur wichtig, dass er gesund ist, dass er schöne Fotos macht etc. Zum ersten Mal auf meiner Tour erwacht in mir der sportliche Ehrgeiz: Wie gerne würde ich noch hier in Tibet Wout an einem Berg das Hinterrad zeigen! Ob wir die Zwei noch mal treffen? Ich werde schlapper und schlapper. Das Aufstehen wird wieder zur Qual, nun das Liegen aber auch. Um die Mittagszeit wird noch mal das gestrige Halbfinale von der Fußball-WM (Brasilien- Holland) ausgestrahlt. Fernando schaut es sich an und erfährt auch, dass Deutschland gegen Kroatien ausgeschieden ist, was mich ziemlich kalt lässt. Ich schlafe während dem Fußballspiel immer wieder ein. Aber immer wieder wenn ich aufwache, beschäftigt mich nur noch ein Gedanke: WAS, welche Krankheit habe ich? Mein und Fernandos Reiseführer scheinen Auskunft zu geben: Die Symptome der »Giardia-Infektion« beschreiben meine Krankheit genau – leichte Bauchkrämpfe, Aufstoßen und Blähungen. Diese könnten für ein oder zwei Tage abklingen (aha!), bevor sie wieder ausbrechen. Die Selbstbehandlung mit einer einmaligen Gabe von 2 Gramm »Tinidazol« führe in 95 Prozent zum Erfolg. Das muss ich »probieren«! Ich quäle mich mit Fernando zur gerade auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen Apotheke, aber die hat vor 5 min (15:00 Uhr) geschlossen. Ich bin fertig, soll ich mich einen weiteren Tag quälen, ohne etwas tun zu können? Fernando schaut in seiner Reiseapotheke nach. Er habe »Flagil«, das wäre gut und würde meinen »Giardia-Bastard« (wie Fernando diesen Darmparasiten nennt) vertreiben. Und tatsächlich steht in seinem Reiseführer, dass dies das Gleiche sei wie das von mir gesuchte »Tinidazol«!!! Fernando, meine Rettung? Aber zuerst will ich dieses stinkende und lärmende Hotel verlassen und nach Lhasa fahren. Dort ist für den Notfall auch ein Krankenhaus. Fernando packt für mich zusammen, ich hätte es nicht mehr geschafft, ich kann mich gerade noch zum Bus schleppen. Unterwegs sehen wir einen traditionellen tibetischen Umzug. Der Busfahrer hält an, die Insassen sind begeistert. In Lhasa müssen wir noch mal 5 km mit dem Rad fahren, ich bin froh, als ich das geschafft habe. Ich will ein ruhiges Hotel, höchstens ein Doppelzimmer und mit einer Toilette. Bald finden wir ein solches Zimmer, ich nehme meine 2 Gramm »Tinidazol« und falle bald darauf in einen Tiefschlaf.