Bekomme sogar noch einen Kaffee von meinem Vermieter.
Gleich geht es einen Pass hinauf. Heute früh sogar richtig kühl, oben nur 13 Grad! Grenze zu Mazedonien. Mir geht es wieder viel besser: das radfahren macht mir wieder Freude! Freue mich auf neue Eindrücke, war noch nie in Mazedonien. Geht ordnetlich hoch und runter. Wird wieder heiß. Komme fast nur durch kleine Dörfer. Sehe nur recht wenig Menschen. Bin froh, dass es wieder gut läuft. Bei der Hitze und den wenigen Dörfern habe ich einmal die Schwierigkeit, dass ich beide Trinkflaschen leer getrunken und wirklich Durst habe. Genau als ich mir dessen bewusst werde, sehr ich das Hinweisschild auf einen Brunnen mit Zapfstelle! Ein Zeichen! Wie gut kann Wasser schmecken!
Ansonsten stoppe ich wieder an Tankstellen. Dort kann ich wieder mit EC-Karte zahlen. Schön, von draußen (38 Grad) in eine klimatisierte Tankstelle zu kommen. Eine hat sogar Wifi. Kann dem Pfarrer, den ich bald besuchen will, endlich eine whatsapp schreiben. Ich wollte ja schon länger da sein, musste meine Ankunftszeit immer weiter nach hinten schieben. Am frühen Nachmittag bin ich dann bereits in Strumica. Frage nach Pfarrer Traikov. Die Leute scheinen ihn zu kennen. In einem Hotel offenbar schon ganz in seiner Nähe ruft der Portier ihn an. Er kommt sogar zu mir. Schnell lädt er mich zum Essen ein. Er berichtet mir von seiner Arbeit, von der Situation der Menschen hier in der Region. Hunger, sagt er, müsse hier niemand leiden. Aber an allem Anderen mangele es vielen Menschen durchaus. Er hat sich überlegt, wie er helfen kann. Natürlich über kirchliche Strukturen wie die regionale Caritas. Aber daneben hat er auch noch einen Verein gegründet, der mit Spenden aus dem Ausland (v.a von seiner weit verzweigten Familie) unterstützt wird. Materiell am Rande der Gesellschaft stehende Menschen werden vom Verein unterstützt. Er zeigt mir aber auch den Kirchbau, den Renovabis mit unterstützt hat. Zuletzt ist ihm noch wichtig, mir auch seine Familie vor zu stellen. Seine Schwester lebt schon seit vielen jahren in Heidelberg, ist aber gerade zum Urlaub hier. In über drei Stunden Besuch ist mir Traikov ans Herz gewachsen. Dennoch muss ich weiter, denn nur gut 50km weiter möchte ich in Gevgeljia heute einen weiteren Projektbesuch machen. Wir verabreden uns für 19 Uhr.
Nur wenige km nach Strumica sehe ich von hinten den ersten TCR-Fahrer seit über drei Tagen. Es ist Sönke aus NRW! Ich freue mich, ihn hier zu treffen. Wir berichten uns gegenseitig. Sönkes Schalthebel ist in der Slowakei gebrochen! Letztlich gab es dann im Zusammenspiel mit einem Radhändler in Poprad eine provisorische Lösung, die zumindest bis hierher gut gehalten hat. Ansonsten hat er nun meist in der Natur übernachtet. Manchmal einfach, weil die Hotelsuche so kompliziert war. Wir verabschieden uns wieder, werden uns sicher bald im Ziel wieder treffen. Sönke will heute Nacht nicht mehr schlafen, sondern nun bis zum Ziel durch fahren.
Ich beeile mich und komme pünktlich in Gevgeljia am vereinbarten Hotel an. Das Hotel spielt eine wichtige Rolle, denn es wird schon lange von einem schwedischen Investor betrieben, den mein Gesprächspartner Ace als „Menschenfreund“ schildert. Er organisiere viele Konzerte und Kunstausstellungen. Schon eine ganze Weile unterstütze er aber auch echte soziale Projekte. Ace war lange der Manager dieses Hotels, das eine kleine Oase darstellt und zu dem offenbar auch viele Leute aus der Stadt am Abend für ein paar Getränke oder auch zum Essen her kommen. Inzwischen ist Ace bereits im Ruhestand. Einen Großteil seiner Kraft investiert er nun in ein gerade vor einem halben Jahr eingeweihtes Zentrum für behinderte Kinder. Ein Projekt, das vom Vatikan wie von Renovabis unterstützt wird. Wir fahren zu dem Projekt. Der Pfarrer des Ortes kommt mit seiner Familie dazu. Wir treffen die letzte aktive Gruppe des Tages an. Der Betreungsschlüssel ist ideal: 1:1, eine betreunde Person für ein Kind. So können mir Ace und der Pfarrer schon von tollen Fortschritten verschiedener Kinder berichten. Vieles manchen sie hier mit Eigeninitiative. Beeindruckend finde ich auch den Garten. Die Kinder lernen, was alles so bei ihnen wächst. Sie kümmern sich um die Pflanzen, ernten sie und bereiten sie zu richtigen Mahlzeiten vor.
Auch wir gehen noch essen. Ace erzählt mir von seiner Hoffnung auf die EU. Nicht primär des Geldes wegen, sondern weil für Mazedonien (und seiner Meinung nach auch für die anderen Länder des Balkan) die Aufnahme in die Familie EU sehr wichtig wäre. Diese Familie EU könne Länder wie dem seinen helfen, demokratische Strukturen und Organisationen auf zu bauen, was sehr wichtig für die Entwicklung dieses Landes /dieser Länder wäre.
Gegen 22 Uhr will ich weiter fahren. Ace ist überrascht, auch ein bisschen enttäuscht (habe ich den Eindruck). Sie haben schon ein Zimmer für mich im Hotel reserviert… So übernachte ich hier…